Forrester Predictions 2024

Droht dem industriellen Metaverse das Ende?

03.11.2023
Aus Sicht von Forrester sollten sich Industrieunternehmen 2024 wieder auf das besinnen, was hinter dem Industrial Metaverse steckt, nämlich AR/VR, IoT und digitale Zwillinge.
Die Bezeichnung Metaverse erweist sich jetzt als Nachteil für industrielle Digitalprojekte.
Die Bezeichnung Metaverse erweist sich jetzt als Nachteil für industrielle Digitalprojekte.
Foto: PopTika - shutterstock.com

Die Fertigungsindustrie hat sich schon häufig als relativ resistent gegenüber schnelllebigen Trends und Buzzwords erwiesen. Der Grund dafür liegt auf der Hand, schreibt Forrester Research in einem neuen Bericht: Hohe Investitionen in Industrieanlagen, deren Lebensdauer in der Regel in Jahrzehnten gemessen wird, verhindern die schnellen Umstellungen, die in weniger anlagenintensiven Unternehmen manchmal zu beobachten sind.

Mehrwert und Akzeptanz im Fokus

Nichtsdestotrotz sei die digitale Innovation auch in der verarbeitenden Industrie sehr lebendig, so die Analysten - wenn sie angemessen und durchdacht ist. Innovationen müssten auch unter den härtesten Bedingungen einen Mehrwert bieten. Zudem müssten sie für eine alternde und überlastete Belegschaft funktionieren - und von ihr akzeptiert werden. Dem neuesten unzuverlässigen Gerät, das aus einem entfernten Innovationslabor kommt, würden die Mitarbeiter skeptisch gegenüberstehen.

Davon ausgehend rechnet Forrester damit, dass sich die Fertigungsbranche auch im kommenden Jahr in einigen Bereichen weiterentwickelt. Gleichzeitig komme es zu einer gewissen Rekalibrierung von überschwänglichen Versprechungen - die in der Regel von branchenfremden Personen stammten.

Mitgegangen, mitgefangen

Davon betroffen sei insbesondere das Industrial Metaverse. Laut Forrester wurde dabei lediglich eine Gruppe bereits bestehender Technologien umbenannt, um vom Metaverse-Hype zu profitieren. Mit der schwindenden Bedeutung des Begriffs im Laufe des Jahres habe sich dieser Schachzug zunehmend als unklug erwiesen, so die Analysten. Nun drohe er zum Todeskuss für ansonsten vorbildliche Industrieprojekte zu werden.

Als Konsequenz prognostiziert Forrester, dass über 75 Prozent der industriellen Metaverse-Projekte ein Rebranding durchführen werden, um den Metaverse-Winter zu überleben. Tech-Entscheider in der Fertigung würden aufhören, über das industrielle Metaverse zu sprechen, um bestehende Budgets zu retten oder neue Investitionen im Jahr 2024 anzuziehen. Stattdessen konzentrierten sie sich wieder auf dessen Bestandteile, nämlich bewährte Technologien wie Augmented Reality, das Internet der Dinge und digitale Zwillinge.

Angst vor KI-Halluzinationen

Fasziniert, aber mit entsprechender Vorsicht näherten sich die Führungskräfte in der Fertigungsbranche auch dem Thema Generative AI, so Forrester. In einer Umfrage vom Juli 2023 bezeichneten 29 Prozent der KI-Entscheidungsträger den Einsatz von GenAI in ihrem Unternehmen als "experimentell". Von den Herstellern, die Hightech- oder Industrieprodukte produzieren, befanden sich 47 Prozent noch in der Experimentierphase.

Den Analysten zufolge erklären zwei Faktoren diese Zurückhaltung:

  1. Industrielle Arbeitsabläufe erforderten komplexe Interaktionen zwischen einer Reihe von Ökosystempartnern und einer Reihe von teuren Maschinen. Die Einführung neuer - und weitgehend unerprobter - Technologien sei schlichtweg zu riskant.

  2. Die Auswirkungen von Fehlern oder den sogenannten "Halluzinationen" von GenAI auf die physische Arbeit mit Produktivitätsverlusten, beschädigten Maschinen oder sogar Verletzungen seien prohibitiv hoch.

Nichtsdestotrotz habe GenAI ihren Platz. Unternehmen, die bereits harte Arbeit leisten, um ihre IT- und OT-Daten zu strukturieren, zu bereinigen und zu verstehen, seien gut aufgestellt, um davon zu profitieren. Doch selbst sie sollten im Jahr 2024 mit Vorsicht vorgehen, rät Forrester.