Die EAI-Karten werden neu gemischt

13.02.2002
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Links der erwähnten EAI-Anbieter


Bea Systems, Hewlett-Packard, IBM,
Mercator, Peregrine, Pronex,
SeebeyondSeeburgerSybase,
Tibco, Vitria und Webmethods.

Doch nicht nur IBM, HP und Bea haben den aussichtsreichen EAI-Markt entdeckt, auch Hersteller aus anderen Softwaresegmenten rücken immer weiter in die Nähe der Integratoren oder schmücken sich zumindest offiziell damit. Teils stammen sie aus der traditionellen EDI-Ecke wie die deutsche Seeburger AG oder aus dem Enterprise-Portal-Bereich, teils kommen sie aus dem ERP-Lager wie etwa SAP. So kündigten die Walldorfer vergangenes Jahr einen eigenen Web-Applikations-Server an, den sie sich mit der Firma Prosyst eingekauft hatten.

„Einkaufen“ ist momentan überhaupt das Zauberwort der Branche, denn es vergeht kaum ein Quartal, in dem nicht ein Integrationsspezialist unter die Decke eines ehemaligen Konkurrenten schlüpft - oder kurzerhand gezogen wird. Neben den genannten Firmen Prosyst, Crossworlds und Bluestone erwischte es bereits 1999 die Unternehmen Forté (zu Sun) und Novera (zu Mercator), später folgten Active Software (zu Webmethods), Neon (zu Sybase), Extricity (zu Peregrine), Talarian (zu Tibco) und jüngst die finanziell angeschlagene Hamburger Systemfabrik (zu Pronex). Geht es nach den Analysten, setzt sich der Konsolidierungsprozess in diesem Jahr noch weiter fort.

Künftig, so die Prognose des Münchner EAI-Experten Richard Nußdorfer von CSA Consulting, gibt es keine isolierte Daten-, Messaging- oder Anwendungsintegration mehr, sondern schlicht das Konzept der Total-Business-Integration (TBI). Dabei rückt die Verbindung der Geschäftsprozesse als höchste Form der EAI eindeutig in den Mittelpunkt des Interesses.

Bislang jedenfalls folgt das Segment trotz rosiger Aussichten eher der Devise „Langsam, aber sicher“. Nach einer aktuellen Studie der Meta Group haben gerade einmal sechs Prozent der deutschen Unternehmen ein EAI-Konzept umgesetzt, weitere neun Prozent der befragten Firmen planen oder implementieren ein derartiges Projekt. Die überwiegende Mehrheit vor allem kleinerer und mittlerer Anwender hat mit Integrationsvorhaben gegenwärtig nichts am Hut. Für den EAI-Experten Nußdorfer ist das größte Problem der Anbieter, „die internen Widerstände in den Firmen zu überwinden“.

"Hohes Entwicklungspotenzial": Die Mehrheit der deutschen Anwender will von EAI derzeit nichts wissen.
"Hohes Entwicklungspotenzial": Die Mehrheit der deutschen Anwender will von EAI derzeit nichts wissen.

Folglich steckt „ein hohes Entwicklungspotenzial“ im EAI-Markt, lautet der positive Umkehrschluss der Meta-Analysten. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies ein durchschnittliches jährliches Wachstum der Softwarelizenzumsätze in Deutschland von über 100 Prozent. Betrug das gesamte Marktvolumen einschließlich Services und Hardware im vergangenen Jahr hierzulande noch rund 500 Millionen Euro, sollen 2004 laut Meta Group bereits 2,24 Milliarden Euro eingenommen werden.

Als Gründe für den gegenwärtig schleppenden Verlauf des Geschäfts in Deutschland sehen die Analysten zum einen die große Verbreitung der ERP-Software von SAP. Mit diesem Softwaremonolithen verspürten die Anwender in den letzten Jahren nur einen geringen Druck, ein EAI-System zu implementieren. Seit jedoch zunehmend Satelliten-Tools etwa für CRM und SCM um den ERP-Planeten kreisen und zudem die unternehmensübergreifende Integration an Bedeutung gewinnt, müssen die Walldorfer und ihre Kunden umdenken: Neben dem Kauf des Prosyst-App-Servers ging die SAP AG daher auch eine Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Integrationsspezialisten Webmethods ein.