Die EAI-Karten werden neu gemischt

13.02.2002
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Fast alle großen Softwarehersteller bieten inzwischen Programme an, die das Schlagwort "Integration" im Titel führen. Doch noch halten sich die Anwender mit derartigen Projekten zumindest hierzulande vornehm zurück. Die neuen Web-Services sollen dem Segment zum Durchbruch verhelfen.
Der Markt für Enterprise Application Integration in Deutschland: Noch werden drei Viertel aller EAI-Umsätze mit Dienstleistungen erzielt, aber das Lizenzgeschäft holt hierzulande mittelfristig auf.
Der Markt für Enterprise Application Integration in Deutschland: Noch werden drei Viertel aller EAI-Umsätze mit Dienstleistungen erzielt, aber das Lizenzgeschäft holt hierzulande mittelfristig auf.

Seit einigen Jahren schwärmen Analysten, Journalisten und Experten von einem paradiesischen Zustand für die IT-Anwender: Gemeint ist die Integration von Daten, Anwendungen und Geschäftsprozessen, wegen der vermeintlich besseren Eingängigkeit mit dem Marketing-Akronym EAI (Enterprise Application Integration) vermischt und abgekürzt. Abgekürzt werden soll dank dem Konzept auch die Arbeit der IT-Verantwortlichen - statt dass sie wie bisher ein gutes Drittel der Programmiertätigkeit auf die Entwicklung von Schnittstellen und Punkt-zu-Punkt-Verbindungen verschwenden, laufe mittels EAI im Unternehmen künftig alles automatisiert ab. Medienbrüche, manuelle Pflegedienste und der nächtliche Batch-Betrieb waren gestern, morgen regiert die Echtzeit-IT - so die Prognose.

Der Run auf die besten Claims beginnt

Zwangsläufig vollzieht sich in dem Bereich eine Marktentwicklung, wie sie auch in anderen IT-Segmenten anzutreffen ist: Alle großen Softwarelieferanten haben sich aufgemacht, ihre Claims im vermeintlichen EAI-Neuland abzustecken. Den Angriff auf die dort etablierten Anbieter wie Tibco, Vitria, Webmethods, Mercator und Seebeyond führen dabei die Hersteller von Applikations-Servern an. Ein Hauptgrund dafür ist, dass sich App-Server in den nächsten Jahren zu einem Commodity-Produkt entwickeln werden und große Umsätze mittelfristig damit nicht mehr zu erwarten sind.

IBM kann dieser Entwicklung beruhigt entgegensehen, schließlich hat sie der Konzern durch die „kostenlose“ Abgabe seines App-Servers „Websphere“ noch forciert. Darüber hinaus ist Big Blue dank der alten Messaging-Middleware „MQ Series“ einer der dominanten Anbieter im klassischen EAI-Bereich. Mit der Übernahme des EAI-Spezialisten Crossworlds Anfang des Jahres für knapp 130 Millionen Dollar soll IBMs Portfolio für Consulting und die Geschäftsprozessintegration abgerundet werden.

Ähnliches gilt für Hewlett-Packard (HP), das den zugekauften App-Server von Bluestone verschenkt, um vermehrt Einnahmen mit Services zu erzielen. Der Konkurrent und Marktführer Bea Systems hingegen ist auf Lizenzeinnahmen durch seine Applikationsplattform „Weblogic“ angewiesen und muss sich dringend einen neuen Markt erobern: Was liegt da näher, als sich als Komplettanbieter für die Applikationsintegration zu positionieren? Das Modul „Weblogic Integration“ war vergangenes Jahr der erste Schritt in die neue Sphäre.