"Den Sourcing-Manager gibt es noch nicht"

11.03.2004

KÖNIG: Was die Finanzunternehmen derzeit in puncto Reduzierung der Fertigungstiefe anstreben, haben die Automobil- und die Maschinenbauindustrie schon vor 30 Jahren begonnen. Man kann nicht erwarten, dass der Finanzsektor das in ein oder zwei großen Sprüngen schafft. Es geht um mehrere schrittweise Verbesserungen. Das ist mühsam und mit harter Arbeit verbunden.

CW: Wo liegen denn die größten Defizite?

KÖNIG: Sie betreffen alles, was man unter dem Begriff Industrialisierung zusammenfasst, also beispielsweise Produktbildung oder Prozessspezifikationen. Gerade Finanzdienstleister wissen oft erschreckend wenig über ihre Geschäftsprozesse.

CW: Um die vielfältigen Beziehungen zu externen Dienstleistern in den Griff zu bekommen, benötigen Unternehmen völlig neue Kenntnisse und Fähigkeiten, sagen Experten. Das Anforderungsprofil eines Chief Sourcing Officer (CSO) unterscheide sich grundsätzlich von dem des klassischen CIO. Wo steht die deutsche Bankenszenze in dieser Beziehung?

KÖNIG: Ganz am Anfang. Die deutsche Bankenlandschaft erbringt noch immer schätzungsweise 75 Prozent der Wertschöpfung selbst. Im Automobilsektor liegen die Vergleichswerte bei 20 bis 25 Prozent, teilweise noch niedriger. Deutsche Geldinstitute steuern und kontrollieren ihre internen Prozesse längst noch nicht nach industriellen Regeln, wie dies etwa Automobilhersteller tun. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass es so etwas wie einen Outsourcing-Manager einfach noch nicht gibt.

CW: Die Deutsche Bank sieht sich mit ihren weitreichenden Auslagerungsvorhaben in einer Vorreiterrolle. Wie beurteilen Sie die Pläne?