Das ungenutzte Potenzial der Frauen

21.08.2006
Von Sabine Raiser

Die gängigen Erfolgsparameter Einkommen, Führungsposition, Personalverantwortung, Budgetverantwortung und Verhandlungsspielraum erfordern einen weit überdurchschnittlichen Zeitaufwand. Mitarbeiter, die bis zu 40 Stunden pro Woche arbeiten, beschreiben sich kaum als erfolgreich im obigen Sinne. Bei denen, die zwischen 46 und 50 Stunden arbeiten, verdoppelt sich das Ergebnis. Am erfolgreichsten verstehen sich die Vielarbeiter, die über 50 Stunden wöchentlich im Büro bleiben. Bedingt durch die familiäre Verantwortung, die mehrheitlich von Frauen getragen wird, ist die Stundenarbeitszahl im Beruf geringer. Vielleicht bezeichnen sich auch deshalb 28 Prozent der Männer als "sehr erfolgreich" und nur halb so viele Frauen, 13 Prozent als "sehr erfolgreich".

Familie und Leistung vereinbaren

Als Selbständige sind IT-Frauen indes erfolgreicher, als ihre Kolleginnen im Angestelltenverhältnis und sehen sich auch so. Ein Grund dafür ist, laut IAB-Studie und nach eigener Erfahrung von Beraterin Endres, das hohe Maß an Zeitsouveränität der Selbständigen. "Sie arbeiten nicht weniger, aber können ihre spezifisch weiblichen Kompetenzen besser einbringen." Daher empfiehlt sie Frauen, ihre Zeitsouveränität während der Baby- und Kinderzeit einzufordern. Die Kompromissbereitschaft der Unternehmen in diesem Punkt fehle indes noch. "Davor scheuen sich noch immer viele Arbeitgeber. Aber dort, wo die Mitarbeiterin schon Jahre zuvor gezeigt hat, dass sie eigeninitiativ, zuverlässig und verantwortungsvoll vorgeht, ist die Bereitschaft größer, Freiräume zuzulassen", weiß Endres aus ihrer Zeit als Mutter und Beraterin bei CSC Ploenzke.

Trotz Doppelbelastung fuhr sie ihr berufliches Engagement nicht zurück - um zu zeigen, dass das gegebene Vertrauen gerechtfertigt ist und dass Familie Leistungsbereitschaft und -fähigkeit nicht automatisch beeinträchtigt. "Das erfordert viel Energie. Ebenso wie das Einfordern dieser Zeitsouveränität im Vorfeld. Denn wir dürfen nicht davon ausgehen, dass der Chef von sich aus auf uns zu kommt und uns eine Home-Office-Regelung anbietet und alles vorbereitet. Das ist bestenfalls Zukunftsmusik." Daher macht sich die Personalberaterin dafür stark, das Thema Zeitsouveränität für Frauen, die oft als SAP-Fachkräfte unentbehrlich sind und dennoch ihrer Rolle als Mutter gerecht werden wollen, bei ihren Kunden zu platzieren.