Klimaneutrales Data Center

Das Rechenzentrum in der Windkraftanlage

25.04.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Eine pfiffige Idee hatten WestfalenWind IT und Rittal: Sie installieren Rechenzentren direkt im Fuß von Windkraftanlagen. Kann das funktionieren?
Clevere Idee: Ein Rechenzentren direkt im Windrad.
Clevere Idee: Ein Rechenzentren direkt im Windrad.
Foto: Rittal/WestfalenWIND IT

Warum jahrelang warten, bis die Trasse für umweltfreundlichen Strom von den Windparks im Norden bis zum eigenen Rechenzentrum (RZ) im Süden der Republik gebaut ist, wenn das RZ auch zum Strom kommen kann? Diesen Gedanken setzten WestfalenWind IT und Rittal jetzt mit windCORES in die Tat um - klimaneutrale Rechenzentren direkt im Fuß von Windenergieanlagen.

RZ im Windrad

Die WestfalenWind Gruppe betreibt rund um Paderborn mehrere Windparks. Die windCORES-Rechenzentren nutzen dort den grünen Strom direkt am Ort der Erzeugung - oft aus Überkapazitäten, die sonst ungenutzt verpuffen würden. Zudem sieht man bei WestfalenWind IT darin eine Möglichkeit Rechenzentren für KI-Anwendungen günstiger zu betreiben.

Grüner und günstiger Strom

So lägen die Preise für die Direktversorgung mit Windstrom bei windCORES deutlich unter dem Marktdurchschnitt. Zudem würden aufgrund des Direktverbrauchs des Stroms keine Netzentgelte anfallen. Dafür, dass auch bei Flaute die Stromversorgung eines windCORES-Rechenzentrums gesichert ist, sorgen zwei weitere unabhängige Übertragungsnetze.

Ressourcen sparen

Fiete Dubberke, Geschäftsführer WestfalenWIND IT, ist davon überzeugt, dass mit dem windCORES-Konzept umfassend Ressourcen gespart werden können.
Fiete Dubberke, Geschäftsführer WestfalenWIND IT, ist davon überzeugt, dass mit dem windCORES-Konzept umfassend Ressourcen gespart werden können.
Foto: Rittal/WestfalenWIND IT

Damit könnte die Idee für viele Anwender interessant sein, denn die Analysten von Omdia gehen davon aus, dass sich der Energiebedarf durch GenAI in den nächsten fünf Jahren verzehnfachen wird. Fiete Dubberke, Geschäftsführer WestfalenWind IT, sieht noch einen weiteren Vorteil: "Das Rechenzentrum bezieht zu über 90 Prozent Windstrom und nutzt Synergien, um umfassend Ressourcen zu sparen. Durch den Einbau und die Integration in Windenergieanlagen werden bestehende Infrastrukturen und das Gebäude wie der sichere Stahlbeton-Turm und vorhandene Infrastruktur für Strom und Netzanschluss genutzt."

Erste Anwender

Und windCores ist keine graue Theorie mehr. Aus dem Pilotprojekt, das 2019 den Deutschen Rechenzentrumspreis gewann, hat sich mittlerweile ein skalierbares Industrieprojekt entwickelt. So nutzt etwa der TV-Streamingdienst-Anbieter zattoo eines der Rechenzentren in den Windenergie-Anlagen.

Ebenso setzt ein deutscher Automobilhersteller auf das Konzept und verlagert hohe Rechenleistungen in die Windenergie-Anlage. Künftig will der Hersteller dort High-Performance-Computing für KI und GenAI sowie Simulationen für autonomes Fahren klimaneutral ausführen.

Dazu wurde in eine Windkraftanlage ein Rechenzentrum mit 50 Racks aufgebaut. Die entsprechende Infrastruktur dazu lieferte Rittal - darunter drei Sicherheitsräume, IT-Racks, Klimatisierung, unabhängige Stromversorgung (USV) und Monitoring. Die Umsetzung selbst erfolgte als Colocation-Modell mit einem IT-Dienstleister.