Kombination verschiedener KI-Technologien

Cognitive Automation ist authentische KI

27.06.2018
Von 


Stefan Welcker ist Geschäftsführer der DACH-Region bei Expert System, wo er unter anderem an der Definition und Umsetzung der kognitiven Lösungen des Unternehmens arbeitet.
Banken und Versicherungen versprechen sich viel von Künstlicher Intelligenz. Doch hier ist technologisch längst nicht alles Gold, was glänzt.

Mit robotergesteuerter Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) sparen Unternehmen der Finanzindustrie Zeit und Geld. Softwarebasierte Roboter portieren dabei beispielsweise Daten aus einer CRM-Anwendung hinüber in das SAP-System. Das ist für einfache Abläufe gut möglich. Aber letztlich ist das nicht mehr als ein selbstfahrendes Auto, das nur auf einer sehr kurzen, geraden Strecke ohne viel Verkehr, ohne Hindernisse und ohne andere Herausforderungen einwandfrei funktioniert.

Machine Learning ist ein guter Ansatz für die Automatisierung, effektiver ist jedoch die Kombination verschiedener KI-Technologien.
Machine Learning ist ein guter Ansatz für die Automatisierung, effektiver ist jedoch die Kombination verschiedener KI-Technologien.
Foto: Phonlamai Photo - shutterstock.com

Klassische RPA hat Grenzen

Möchte man aber von tatsächlich autonomem Fahren sprechen, werden die Prozesse kniffliger, so hat die klassische RPA ausgedient. Nicht ohne Grund versprechen sich deshalb Banken und Versicherungen momentan sehr viel von RPA, die mit künstlicher Intelligenz (KI) kombiniert wird. Das ist auch eine prima Idee – wenn dabei nicht oftmals ein klassischer Denkfehler aufträte, den es unbedingt zu vermeiden gilt.

Denn das, was als KI in vielen RPA-Lösungen angepriesen wird, entpuppt sich beim zweiten Blick nicht selten lediglich als additives Machine Learning (ML). Grundsätzlich sind derlei Erweiterungen durchaus sinnvoll, allerdings basieren sie auf Erkennungsmustern, sind also regelbasiert. Das ist ein probates Mittel bei einfacheren Prozessen der Dunkelverarbeitung. Wenn sich etwa ein Versicherungsnehmer meldet und seinen hinuntergestoßenen Fernseher ersetzt haben möchte: „Bei vorliegenden Mustern X und der Schadenshöhe Y erfolgt automatisch Schadensregulierung“ – fertig. Wo es also darum geht, strukturierte Daten in eine andere Datenbasis zu überführen, ist Machine Learning ein guter Ansatz für die Automatisierung.

Cognitive Automation kombiniert Technologien

Doch bei komplexeren Abläufen sind diese regelbasierten Ansätze überfordert. Hier benötigt die Finanzindustrie stattdessen Cognitive Computing. Eine Kombinatorik verschiedener Technologien wie beispielsweise Machine Learning plus Natural Language Processing (NLP) sowie semantischer oder Sentiment-Analyse (englisch für „Stimmungserkennung“). Dieser Ansatz ist eben nicht regelbasiert, sondern lernfähig, da er nicht ausschließlich strengen Wortanalysen oder Regeln folgt. Er wendet menschliche Verständnismuster an, um Big Data und unstrukturierte Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, wie etwa Dokumenten, Nachrichten, Presseartikeln, Forschungsberichten oder E-Mails zu interpretieren.

Das heißt, auf diesem Ansatz basierende Cognitive Automation kann relevante Informationen erkennen und extrahieren. Und das in einer enormen Geschwindigkeit, 24 Stunden am Tag und mit einer maximalen Genauigkeit.

Umfangreiche Möglichkeiten für Banken und Versicherungen

Die Einsatzmöglichkeiten dafür sind in der Finanzindustrie reichhaltig. Betrugserkennung und die Aufdeckung von Geldwäsche werden dadurch ebenso optimiert wie etwa das Underwriting, also das Prüfen von Anträgen sowie das Einschätzen von Risiken: Liegt der zu versichernde Gebäudekomplex in einem risikobehafteten Gebiet? Welchen Wert hat er? Wie verhält es sich mit der umliegenden Bebauung? Sind Lagerflächen vorhanden, und wie werden diesen genutzt? Cognitive Automation durchforstet dafür große Datenmengen zügig, übersieht nichts und kommt zu schlüssigen Ergebnissen.

Ein weiteres Beispiel für die Vorteile von Cognitive Automation ist der Kundenservice: Sobald beispielsweise Sprache hier als primäre Schnittstelle genutzt wird, steigert dies die Nutzererfahrung beim Mobile- und Online-Banking enorm. Cognitive Automation kann Sprache so verstehen, wie sie vom Kunden verwendet wird und anschließend auf dessen Anfrage entsprechend reagieren. Dies erzeugt einen hohen Grad an Kundenzufriedenheit und -loyalität.

DSGVO profitiert von Cognitive Automation

Letztlich – Stichwort Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) – kann Cognitive Automation auch eine große Unterstützung für Compliance-Aufgaben und Audits sein. Sensible Zusammenhänge werden auch hier zuverlässig erkannt, penibel ausgewertet und bei Bedarf entsprechend priorisiert.

Fazit: Die Finanzindustrie kann durch Automatisierung mit KI Kostenreduktionen von bis zu 60 Prozent erzielen. Dies gilt aber lediglich für authentische KI-Technologien wie Cognitive Automation. Rein regelbasierte Systeme greifen zu kurz.