Burnout: Wenn der Motor ins Stottern kommt

19.04.2005
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

IT-Projektmitarbeiter besonders gefährdet

Anja Gerlmaier, IAT Gelsenkirchen: "IT-Projektmitarbeiter sind stärker vom Burnout bedroht."
Anja Gerlmaier, IAT Gelsenkirchen: "IT-Projektmitarbeiter sind stärker vom Burnout bedroht."

Darüber hinaus beeinträchtigen die Symptome vor allem die Motivation. "Jeder Vierte findet es unbefriedigend, dass so wenig von seinen Vorschlägen umgesetzt wird, fast 60 Prozent haben den Eindruck, dass es sich nicht lohnt, sich mehr anzustrengen als unbedingt notwendig", ergänzt die Wissenschaftlerin. Gerlmaier geht anhand ihrer Studienergebnisse davon aus, dass IT-Projektmitarbeiter rund 30 Prozent stärker als andere Berufsgruppen gefährdet sind, an Burnout zu erkranken.

Wie reagierten die Geschäftsleitungen der sieben Studien-Unternehmen auf die Ergebnisse? "Es gab Gespräche mit den Führungskräften, doch viele Firmen wollen gerade keinen Zusammenhang zwischen ihrer Politik und den Problemen der Beschäftigten sehen und schielen nur nach Zahlen", fasst Gerlmaier die Diskussionen zusammen. "Die Rahmenbedingungen des Marktes diktieren oft ein Preisdumping, das zu Lasten der Projektmitarbeiter geht."

Kurse zum besseren Selbst- und Zeit-Management für die betroffenen Mitarbeiter hält Gerlmaier für einen falschen Ansatz; erfolgreichere Projektteams zeichneten sich dadurch aus, dass sie beispielsweise mehr Handlungsautonomie besitzen, selbst mit den Kunden verhandeln können und Projektleiter ihre Führungsaufgaben verantwortungsvoll wahrnehmen. Wenn Projektleiter ihre Mitarbeiter vor einer Überlast schützen und vernünftige Projektpläne erarbeiten, in denen auch Puffer eingebaut sind, entlastet das die Mitarbeiter. Dagegen fördern restriktive Maßnahmen Burnout-Symptome: "Wir haben in den Interviews gemerkt, dass in vielen Unternehmen die Leinen angezogen sind; einfachste Erkenntnisse der Personalführung werden missachtet, Mitarbeiter beispielsweise beliebig innerhalb der Projekte ausgetauscht oder wichtige Erholungsphasen gestrichen."

Geld für Gesundheits-Management gebe laut Gerlmaier hierzulande kein IT-Unternehmen aus. Zwar hofft die Wissenschaftlerin auf ein Umdenken, doch sie weiß auch, dass sie Firmen nur mit Zahlen beobachtender Vorsorge überzeugen kann. Der Psychologe Trimpop kann sich noch ein weiteres Szenario vorstellen, das Unternehmen zum Umdenken bewegt: "Viele Qualitätsprobleme, die große Firmen gerade haben, sind hausgemacht, denn eine Kostenreduzierung erhöht den Druck und dadurch sinkt die Qualität." Trimpop plädiert ebenfalls für einen umfassenden Ansatz, der einen Effekt für die Mitarbeiter und einen Gewinn für das Unternehmen bringt. "Nur ein Pflaster drauf kleben hilft nicht", denn oft lägen der Überlastung strukturelle Probleme zugrunde, und es müsse ein Bewusstsein für schädigenden Stress geschaffen werden. "Das ist häufig ein schwieriger Prozess, für den sich Firmen Hilfe von außen holen sollten."