Bearingpoint startet die Sanierung

09.01.2003
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die notwendige Expansion in die regionalen Märkte ließ keinen Platz, sich inhaltlich neu aufzustellen. „Bei der öffentlichen Hand, wo derzeit noch ERP-Projekte angestoßen werden, ist Bearingpoint beziehungsweise KPMG Consulting nicht so stark vertreten“, berichtet Andreas Burau, Director Consultant bei der Meta Group Deutschland GmbH. Zudem blockierten die Integrationsbemühungen den notwendigen Weg, sich neben dem konjunkturanfälligen Projektgeschäft ein Standbein im Markt für Betriebsdienste aufzubauen.

Interner Handlungsbedarf: Der kürzlich angekündigte Stellenabbau betrifft nur Berater. Handlungsbedarf besteht aber auch in anderen Bereichen. Seit ihrem Börsengang im Februar 2001 betrieb die US-amerikanische KPMG Consulting Inc., die seit Oktober 2002 unter der Bezeichnung Bearingpoint firmiert, eine sehr aktive Akquisitionspolitik, um die bis dahin selbständig operierenden Schwestergesellschaften in den einzelnen Ländern unter ihrem Dach zu vereinen. Dabei wuchs der administrative Bereich über die Maßen. In der Zeit zwischen Juni und September 2002, in der unter anderem die Übernahme der KPMG Consulting AG im deutschsprachigen Raum stattfand, nahm die Zahl der weltweit einsetzbaren produktiven Mitarbeiter von Bearingpoint durch Übernahmen um 62 Prozent zu. Die nicht beim Kunden tätigen Beschäftigten vermehrten sich hingegen um 179 Prozent. Die

Verantwortlichen bei Bearingpoint sind sich des Problems bewusst. In Europa wird derzeit an einer neuen Organisationsform für interne Bereiche wie Personalwesen, Finanzen und Marketing gearbeitet. Ergebnisse gibt es noch nicht im Detail, doch Melcher kündigte an, dass aufgrund der Größe und Bedeutung von Bearingpoint im deutschsprachigen Raum das europäische Headquarter in Frankfurt am Main sein wird.

Neuausrichtung im schwierigen Umfeld

So führte die hiesige KPMG Consulting AG beispielsweise Fusionsgespräche nicht nur mit der US-amerikanischen KPMG Inc., sondern auch mit Atos Origin, Cap Gemini Ernst & Young und Unisys. Weil die letzteren drei unter anderem auch Outsourcing-Services anboten, sparte sich KPMG Consulting den rechtzeitigen Einstieg in dieses Geschäft. Der jetzige Start des Bereichs Managed Services kommt sehr spät.

KPMGs beziehungsweise Bearingpoints Stärke war und ist das gute Know-how der Mitarbeiter im ERP- und speziell SAP-Umfeld, kombiniert mit einem ausgeprägten Branchenwissen. Angesichts der Investitionszurückhaltung bei den Kunden greift diese Kraft derzeit ins Leere. Das Unternehmen hat es entweder versäumt oder war überfordert damit, sich neben dem Projektgeschäft ein krisensicheres Standbein aufzubauen. Für das ehemalige Big-Five-Beratungshaus war die internationale Expansion zwar sehr wichtig, wurde aber nicht erfolgreich genug abgeschlossen. Letztlich muss sich Bearingpoint mitten in der Wirtschaftkrise neu orientieren. Das ist kein ungefährliches Unterfangen für ein börsennotiertes Unternehmen.