Was zwei HR-Profis Arbeitgebern im Umgang mit kununu empfehlen

„Arbeitgeber müssen sich ihre Reputation verdienen“

29.11.2023
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Schnell und ehrlich antworten und vor allem: keine Tricksereien– das empfehlen die Employer-Branding-Experten Manfred Böcker und Sascha Theisen* Unternehmen im Umgang mit Arbeitgeberbewertungen.
Sascha Theisen, Manfred Böcker, Employer Telling: „Viele Arbeitgeber glauben, sie schalten ein Unternehmensportrait auf kununu und können dann einen Haken hinter das Thema machen. Das ist aber zu wenig.“
Sascha Theisen, Manfred Böcker, Employer Telling: „Viele Arbeitgeber glauben, sie schalten ein Unternehmensportrait auf kununu und können dann einen Haken hinter das Thema machen. Das ist aber zu wenig.“
Foto: hr-präsenz

Viele Unternehmen ächzen aktuell unter dem Mangel an Fachkräften, im IT-Umfeld besonders. Welche Rolle kommt kununu zu, wenn es für Arbeitgeber darum geht, sich in diesem Spannungsfeld zu behaupten?

Sascha Theisen: kununu hat sich zu einer der wichtigsten Plattformen der Arbeitswelt entwickelt. Derzeit sind mehr als 9 Millionen Bewertungen online. Das sind alles unternehmensindividuelle Daten, inklusive spezieller Bewertungen zu den Themen Gehalt und Unternehmenskultur. Aus unabhängigen Studien wissen wir, dass drei Viertel der Nutzenden die Plattform explizit für die Jobsuche nutzen.

Neben Empfehlungen aus dem eigenen Bekanntenkreis gelten kununu-Inhalte als die glaubwürdigste Quelle in der Arbeitgeberrecherche. All das liegt in der Entwicklung zur Bewertungsgesellschaft begründet. Arbeitgeber müssen sich ihre Reputation verdienen. Ihre Aussagen auf Karrierewebseiten oder aus Stellenanzeigen sind durch Erfahrungsberichte auf Plattformen wie kununu oder Glassdoor überprüfbar geworden.

Kununu - auch ein Ort für extreme Kritiker

Viele Arbeitgeber sehen in kununu eher ein Ärgernis und kritisieren, dass sich hier Beschäftigte, die Negatives erlebt haben, auf ihren persönlichen Rachefeldzug begeben. Ist das so korrekt?

Manfred Böcker: Natürlich ist kununu auch der Ort für extreme Kritiker, die sich in Wortwahl und Ton hier und da verheben. Diese Bewertungen bleiben Arbeitgebern länger im Hinterkopf, weil sie nachhallen. Trotzdem sind die ausgewogenen Bewertungen deutlich in der Überzahl. Der durchschnittliche Score für Arbeitgeber auf kununu liegt derzeit bei 3,5.

Das zeigt: Die Bewertenden haben durchaus einen Blick für Stärken und Schwächen ihrer Arbeitgeber. Und dieses ausgewogene Feedback liefert einerseits den Bewerbern gute Anhaltspunkte für ihre Bewerbungsentscheidung sowie den Unternehmen wichtige Hinweise, wo ihre Attraktivitätsmerkmale liegen und wo sie noch an ihrer Substanz arbeiten müssen.

Arbeitgeber löschen kritische Kommentare

Derzeit mehren sich Fälle, in denen Unternehmen unliebsame Bewertungen haben löschen lassen und dabei entlarvt wurden. Was sind die Folgen eines solchen Verhaltens?

Theisen: Das ist richtig. In den letzten Wochen berichteten zahlreiche Medien - regional wie überregional - von derartigen Fällen. Arbeitgeber versuchten demnach, Bewertungen zu manipulieren, in dem sie unliebsames Feedback haben löschen lassen oder indem sie Bewertungen selbst geschrieben haben. Das ist ein gefährliches Spiel mit dem eigenen Arbeitgeberimage. Alleine die Tatsache, dass externe Medien das prüfen und im negativen Fall darüber berichten, zeigt, dass ein solches Vorgehen schnell kontraproduktiv werden kann. Zudem wird es zum Thema in anderen Bewertungen direkt auf kununu, wenn andere Bewertende in ihren Beiträgen "Fake-Bewertungen" beanstanden. Die Folge: Potenzielle Kandidaten, die davon lesen, werden sich ziemlicher sicher nicht mehr beim entsprechenden Arbeitgeber bewerben. Und das für eine sehr lange Zeit, vielleicht auch gar nicht mehr.

Unternehmen sollten unbedingt reagieren

Welche Alternativen bieten sich Arbeitgebern?

Böcker: Unternehmen sollten auf Bewertungen antworten. Das ist über die Antwortfunktion möglich, unabhängig davon, ob ein Unternehmen ein kununu-Portrait schaltet oder nicht. Eine softgarden-Umfrage hat nachgewiesen: Bewerber wünschen sich genau das. Mehr als 80 Prozent finden antwortende Arbeitgeber sehr gut oder gut. Dem kommen aber aktuell nur gut zehn Prozent der Unternehmen auf kununu nach. Dabei ist es für Arbeitgeber wichtig, der zunächst einseitigen Betrachtung durch die Bewertenden die eigene Sichtweise gegenüberzustellen. Nur so erhalten Kandidaten ein ganzheitliches Bild von einem kritisierten Sachverhalt.

Die Jobsuche ist ein hochemotionales Thema für Bewerbende. Daher nehmen sich kununu-Nutzende mehr Zeit dafür, sowohl die Bewertungen als auch die Antworten darauf zu lesen. Sie wollen wissen, wie kritikfähig und transparent Arbeitgeber sind und suchen Antworten darauf in den Kommentaren der Arbeitgeber. Im Grunde hinterlassen Arbeitgeber durch ihre Reaktion ein idealerweise authentisches Bild von sich selbst, denn hier müssen sie Farbe bekennen. Dabei ist besonders wichtig: Arbeitgeber antworten in erster Linie für all die Nutzer, die mitlesen. Und das sind potenzielle Bewerbende, die man durch eine falsche oder gar keine Antwort schnell verliert.

Jubel-Texte retten kein Arbeitgeberimage

Viele Unternehmen rufen ihre Mitarbeiter zu Bewertungen auf, um so ihren Score auf kununu zu verbessern? Ist das Manipulation und was ist die Gefahr dabei?

Theisen: Wer Bewertungen extern einkauft oder Jubel-Mitarbeiter aktiviert, um einen besseren kununu-Score zu erhalten, ist auf dem absoluten Holzweg und schadet der eigenen Arbeitgebermarke dauerhaft. Auf der anderen Seite: Gegen den neutralen und kontinuierlichen Aufruf an die tatsächlichen und eben auch manchmal kritischen Mitarbeitenden ist nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil.

Wichtig ist, der Belegschaft zu vermitteln, dass sowohl Lob als auch Kritik gewünscht ist, weil kununu-Bewertungen im Unternehmen als Tool begriffen werden, die eigene Arbeitgebersubstanz zu verbessern. So aktivieren Arbeitgeber schließlich die schweigende Mehrheit an Mitarbeitenden, die eben einen Anlass benötigen, um ihr Feedback in Form einer Bewertung zu hinterlassen.

Die Schlauen nutzen kununu als Employer-Branding-Tool

Was raten Sie Unternehmen im Umgang mit Kritik auf kununu?

Theisen: Unternehmen sollten Arbeitgeberbewertungen nicht länger als Ärgernis verstehen, sondern kununu & Co. vielmehr als Tool fürs Recruiting und Employer Branding entdecken. Zugegeben: Das bedeutet eine Menge Arbeit - aber eben Arbeit, die sich lohnt. Denn in einem Umfeld, in dem Arbeitgeber mit gleichförmigen Claims, bunten Bildern und belanglosen Sprüchen in den Wettbewerb um die besten Talente gehen, entsteht Image und Reputation von Employer Brands auch und vor allem im Umgang mit Bewertungen.

Böcker: Zudem raten wir unseren Kunden immer, das Feedback ernst zu nehmen. In Bewertungen wird nicht immer nur Dampf abgelassen, sondern es stecken oft auch Anlässe darin, die es sich lohnt zu hinterfragen, um an der eigenen Arbeitgebersubstanz zu arbeiten und so ein besserer Arbeitgeber zu werden.

Regelmäßiges Antworten ist ein Muss

Theisen: Letztlich ist ein konsistentes und regelmäßiges Antwortmanagement entscheidend, um sich als kritikfähiger Arbeitgeber zu zeigen. Ein Klassiker aus unserem Berateralltag ist die Frage "Wir wollen jetzt mal kununu machen. Was müssen wir tun?" Viele Arbeitgeber glauben noch, sie schalten ein Unternehmensportrait und können dann einen Haken hinter das Thema machen. Das ist aber zu wenig. Der Umgang mit Bewertungen bedeutet eben auch, Farbe zu bekennen, durch Antworten auf Lob und vor allem auf Kritik.

*Sascha Theisen und Manfred Böcker sind die Köpfe hinter Employer Telling, der Beratung für Arbeitgeberattraktivität. In ihren Seminaren beraten sie seit Jahren Unternehmen jeder Größe zum professionellen Umgang mit Arbeitgeberbewertungen - von der Beantwortung von Bewertungen über den Umgang mit dem kununu-Score bis hin zur Vermittlung der kununu-Regeln. Das nächste Seminar findet am 6. und 7. Dezember statt. Anmeldungen sind unter folgender Adresse noch möglich: www.kununu-power-seminar.de

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