Zwischen Frust und Vergnügen: Blind durchs Internet surfen

13.01.2003
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Internet ist eine unerschöpfliche Informationsquelle. Für blinde und sehbehinderte Menschen wird das Surfen jedoch zu einer Geduldsprobe, denn adäquat aufbereitete Seiten sind noch Mangelware.

Blinde und Sehbehinderte haben drei Optionen, wenn sie sich im Internet bewegen: Sie ertasten die Informationen über eine Braille-Zeile mit acht kleinen Stiften pro Symbol, sie können sich die Inhalte von einem Screen-Reader mit synthetischer Stimme vorlesen lassen, oder sie nutzen eine Software, mit der das Monitorbild vergrößert wird. Das Problem: „Die meisten Internet-Seiten sind grafisch überfrachtet“, kritisiert Elke Schaafhausen vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) die optische Verspieltheit vieler Website-Gestalter.

Foto: Siemens CHH, Bonn
Foto: Siemens CHH, Bonn

Durch die Inflation der Flash-Filmchen und handwerkliche Schwächen der Designer artet das Surfen für die Betroffenen oft zu einer langwierigen Angelegenheit aus. Dabei ist das Internet eine der besten Erfindungen für Sehbehinderte überhaupt, denn sie können damit relativ einfach auf aktuelle Informationen zugreifen, Bestellungen aufgeben oder Bankgeschäfte erledigen - zumindest in der Theorie.

Mit einer Vergrößerungssoftware zu arbeiten ist mühsam, erklärt Schaafhausen eines der Probleme, denn die meisten Web-Seiten stecken voller Info-Häppchen: „Der sichtbare Ausschnitt der Tools ist sehr klein, und man braucht viel Zeit, sich durchzuwühlen.“ Die in Windows vorhandenen Werkzeuge reichen zudem für stark Sehbehinderte nicht aus, spezielle Programme müssen angeschafft werden.

Ziel für die rund 150.000 Blinden und 500.000 Sehbehinderten in Deutschland ist der barrierefreie Zugang zum Internet. Ein extremes Beispiel für eine derartig gestaltete Site stammt vom Online-Kaufhaus Amazon.com, das völlig auf Grafik und optische Spielereien verzichtet. Allerdings sei es in der Regel nicht nötig, besondere Blindenseiten zu entwickeln, sagt Karsten Warnke, Koordinator des Projekts BIK (Barrierefrei informieren und kommunizieren). Die Initiative soll helfen, das Web und die elektronischen Medien für Blinde und Sehbehinderte zugänglich zu machen.