Social Media und Unternehmensprozesse

Wo bleiben die Prozesse für soziale Medien?

19.10.2011
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Migros mit eigener Social-Plattform

Die Schweizer Handelsgenossenschaft Migros versucht, die digitale Öffentlichkeit unter Kontrolle zu halten, indem sie sie auf eigene Soziale Medien lockt. Seit einem Jahr betreibt sie die eher produktbezogene Site www.migipedia.ch, und im kommenden Jahr will sie eine Community für sozialpolistische Themen starten. "Wenn Menschen etwas über Migros sagen wollen, dann sollen sie es auf unseren eigenen Plattformen tun", sagte Monica Glisenti, Chefin des Kommunikationsbereichs. Bei zwei Millionen Genossenschaftlern ist eine kritische Masse schnell erreicht. Laut Glisenti verzeichnet Migipedia bereits drei Millionen Seitenaufrufe und 40.000 Kommentare sowie 250.000 Facebook-Fans.

Wie die Kommunikationschefin stolz berichtet, hat die Plattform auch schon Wirkung gezeigt. Der beliebt "Ice Tea" werde auf Anregung der Nutzer jetzt auch in der PET-Flasche angeboten. Außerdem habe die Internet-Gemeinde durchgesetzt, dass Migros nach anfänglicher Ablehnung nun doch "Vanilla Coke" verkauft - und das mit finanziellem Erfolg.

Wichtige Fragen unbeantwortet

Derartige Erfolgsbeispiele dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nutzung der Sozialen Medien noch in den Kinderschuhen steckt. Die neuen Plattformen verlangen auch nach neuen Ansätzen. Wesentliche Fragen sind bislang unbeantwortet.

Das Bühnenbild der Revolutionsoper "André Chenier" lieferte den passenden Hintergrund.
Das Bühnenbild der Revolutionsoper "André Chenier" lieferte den passenden Hintergrund.
Foto: Hochschule St. Gallen

Die wichtigsten dieser Fragen drehen sich um das Thema Integration. Wie Peter Zwyssig, CEO des Beartungsunternehmens Foryouandyourcustomers, betonte, sind die Sozialen Medien ja nur einer von vielen Kanälen, über die Kunden mit Anbietern kommunizieren. Wie müssen sich die Unternehmen aufstellen, um Multichannel-fähig zu werden? So fragte er sich und das Autditorium. Welches Mitglied des Topmanagements soll für das Multichannel-Management verantwortlich zeichnen? Brauchen wir künftig Multichannel-Manager? Und wie lassen sich qualitative und quantitative Ziele auch hinsichtlich der neuen Kanäle definieren?

Auch der Business-Engineering-Experte Reinhard Jung, Professor an der HSG, verwies auf das ungelöste Problem, wie sich die neuen Informations- und Vertriebskonäle in Geschäftsstrategien und -prozesse integrieren lassen. "Brauchen wir künftig ein Social-Media-Controlling?", so fragte er: "Darüber werden wir uns relativ bald Gedanken machen müssen."