Firefly in der Unternehmenspraxis

Wie IBM von Adobes GenAI-Tool profitiert

08.03.2024
Von 
Matthew Finnegan lebt in Großbritannien und schreibt für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld zu den Thema Collaboration und Enterprise IT.
IBM will mit Adobes GenAI-Tool Firefly künftig neue Produktivitätshöhen erreichen. Chief Design Officer Billy Seabrook gibt Einblicke.
IBM sieht in Adobes GenAI-Werkzeug Firefly nach einer ersten Testphase enormes Potenzial.
IBM sieht in Adobes GenAI-Werkzeug Firefly nach einer ersten Testphase enormes Potenzial.
Foto: IBM

IBM ist langjähriger Kunde und Partner von Adobe und berät seine Kunden auch, wenn es darum geht, generative KI-Tools einzusetzen. Insofern steht dem Unternehmen eine Rolle als Early Adopter der Technologie gut zu Gesicht. Konsequenterweise hat die Consulting-Sparte von Big Blue im Jahr 2023 Tausenden von Designern ein solches Tool aus dem Hause Adobe zugänglich gemacht: Firefly.

Das Generative-AI (GenAI)-Tool konnte dabei schnell Eindruck schinden und wurde beispielsweise genutzt, um mehr als 200 visuelle Elemente für die IBM-Marketingkampagne "Let's Create" zu erstellen. Ganz konkret ging es dabei darum, ein Fragezeichen in verschiedenen Texturen und Farben zu rendern. Firefly generierte massenhaft Variationen und verarbeitete alle möglichen Dinge zu dem Satzzeichen - von Blütenblättern bis hin zu Kettengliedern. Die IBM-Designer konnten anschließend auf dieser KI-Grundlagenarbeit aufbauen und die Ergebnisse zu einem Endprodukt verfeinern.

Global Chief Design Officer Billy Seabrook zieht ein begeistertes Resümee: "Damit konnte ein langwieriger Prozess, der ansonsten Monate gedauert hätte, drastisch beschleunigt werden. Es wurden nur sehr wenige Ressourcen benötigt, es ging wirklich schnell und lustigerweise war es eine der - wenn nicht sogar die - erfolgreichste Marketingkampagne der letzten Zeit." Zwar sei der Einsatz von Adobe Firefly für die externe Marketingkampagne eine einmalige Sache gewesen, so der Manager - das Ziel sei es aber, den erzielten Erfolg bei ähnlichen Projekten zu wiederholen, sobald die Generative AI Software ausgereift sei.

Adobe Firefly trifft Design Thinking

Dabei hat IBM nicht nur im Sinn, kreative Assets zu generieren, sondern unter anderem auch Design-Tasks vollständig zu automatisieren und somit letztlich die Produktivität der Belegschaft zu steigern. "Wir stehen wie alle Unternehmen dieser Welt unter dem Druck, zu liefern: großartige Inhalte, aber schneller und billiger", konstatiert Seabrook. Der Designchef, der zuvor unter anderem leitende Positionen bei Citi und eBay bekleidete, leitet die Designabteilung von IBMs Consulting-Sparte und ist dabei für ein Team von rund 1.600 Designspezialisten verantwortlich. Die fokussieren sich insbesondere auf Content Design und visuelle User Experience.

Neben der Erstellung von visuellen Assets für die kundenorientierte "Let's Create"-Kampagne wurde Firefly bei IBM auch intern genutzt, um beispielsweise Konzeptbilder und interne Präsentationen zu erstellen. "Bei IBM Consulting verwenden die Designer Firefly für zwei wesentliche Zwecke: Einerseits, um den Design-Thinking-Ansatz zu unterstützen, andererseits um Ideen zu generieren, was auch Prototyping und die Iteration auf der Grundlage von Kundeninteraktionen umfasst", erklärt Seabrook. Das sei typischerweise ein manuell geprägter Prozess, bei dem sich der persönliche Austausch über Entwürfe in Workshop-ähnlichen Meetings über mehrere Tage oder Wochen hinziehen könne.

Billy Seabrook ist seit 2017 IBMs Global Chief Design Officer.
Billy Seabrook ist seit 2017 IBMs Global Chief Design Officer.
Foto: IBM

Mit Hilfe von Firefly ließen sich Visualisierungen rationalisieren, meint Seabrook: "Geht es darum, ein grobes Konzept zu skizzieren, können die Mitarbeiter das Tool so instruieren, dass es die Contents liefert, die gefragt sind - von konzeptionellen Skizzen bis hin zu realistischen Bildern, die in ein Storyboard einfließen können." Das habe seinen Mitarbeitern in der Praxis zu massiven Zeiteinsparungen verholfen - in manchen Fällen seien zweiwöchige Prozesse auf wenige Tage zusammengeschrumpft, berichtet der IBM-Designchef.

Im Anschluss an die Ideenfindungsphase wird Firefly bei IBM auch im Rahmen von Adobes Photoshop und Illustrator eingesetzt - für Retuschen, Größenanpassungen und andere Produktionsarbeiten "auf der letzten Meile". Auch dabei lassen sich mit GenAI-Support Probleme in kurzer Zeit lösen, die ansonsten viel Zeit und Ressourcen verschlungen hätten - beispielsweise, wenn es darum geht, einer Person auf einem Foto "Beine hinzuzufügen". Ohne KI wäre das ein aufwändiges Unterfangen, bei dem mehrere bestehende, respektive Originalbilder zusammengefügt und retuschiert werden müssen. "Mit generativer KI können solche Lücken jetzt dynamisch und sofort geschlossen werden. Und die Qualität wird von Tag zu Tag besser", hält Seabrook fest.

Wie GenAI Design-Jobs umkrempelt

Mitte 2023 sorgte IBM-Chef Arvind Krishna mit seiner Prognose, dass etwa 30 Prozent der IBM-Mitarbeiter in den kommenden fünf Jahren durch KI und Automatisierung ersetzt werden könnten, für Furore. Auch ein Einstellungsstopp für bestimmte Stellen war im Gespräch.

Mit Blick auf Kreativarbeiter im Bereich Design sieht IBM-Manager Seabrook ebenfalls eine potenzielle Verlagerung auf kleinere Teams am Horizont - gleichzeitig gewinne jedoch auch die Expertise der Designprofis an Bedeutung. Er verweist auf eine Umfrage von IBMs internem Research-Team unter 1.500 Führungskräften, die die Auswirkungen von GenAI auf den Bereich Design beleuchtet.

"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Designer künftig eine eher strategische Rolle einnehmen. Sie können Kuratoren sein, die Engineers mit Ideen anregen oder Entscheidungsträger, die die Originalität oder die Qualität von Ergebnissen bewerten. Es ist also zu erwarten, dass diese Ressourcen stärker nachgefragt werden und das Arbeitsvolumen steigt - gleichzeitig gibt es aber weniger Stellen zu besetzen. Das ist der interessante Widerspruch, den wir beobachten", so Seabrook.

Adobes Text-zu-Bild-Tool hat beste Aussichten, mit zunehmender Reife für vielfältige Zwecke bei IBM eingesetzt zu werden.
Adobes Text-zu-Bild-Tool hat beste Aussichten, mit zunehmender Reife für vielfältige Zwecke bei IBM eingesetzt zu werden.
Foto: IBM

Den erschlossenen Vorteilen zum Trotz, weist der IBM-Designchef jedoch auch auf einige Einschränkungen hin, die Adobes Firefly in seinem frühen Entwicklungsstadium aufweist. Die mit Firefly erstellten Bilder würden demnach zu einem bestimmten visuellen Stil neigen, der für einige Anwendungsfälle besser geeignet sei als für andere. Illustrativer Glanz und enorme Sättigung seien aktuell noch ein Merkmal von KI-generierten Bildern, so Seabrook. Er fügt hinzu: "Sobald sich die Qualität weiter verbessert und die Ergebnisse realistischer wirken, respektive nicht mehr von einem echten Foto zu unterscheiden sind, werden sich völlig neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen."

Seabrook rechnet zudem fest damit, dass es in Zukunft mit KI-Tools wie Firefly möglich sein wird, anhand von Referenzmaterial die generierten Inhalte so zu filtern, dass diese im Einklag mit Brand Style Guides stehen: "Die gesamte Branche freut sich auf diese Modifikationsmöglichkeit, schließlich wird das ermöglichen, Marken-spezifische Outputs zu generieren." In dem Maße, in dem die Technologie reife und ihre Ergebnisse zuverlässiger und vorhersehbarer werden, sieht der Chief Design Officer ein breiteres Spektrum von Einsatzmöglichkeiten in seinem Unternehmen - etwa für Echtzeit-Personalisierungen im Rahmen von Marketingkampagnen. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.