Catharina van Delden im CW-Gespräch

Wie Crowdsourcing sich lohnen kann

10.11.2014
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.
Sich bei der Ideenfindung und Produktentwicklung von anderen helfen zu lassen, ist eine gute Idee. Damit lässt sich Geld sparen - wenn man die Partner ernst nimmt.

Ganz so einfach ist es aber nicht: Beim Crowdsourcing gilt es ein paar Dinge zu berücksichtigen, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht. Catharina van Delden ist CEO von Innosabi, einem auf kollaboratives Innovations-Management und Crowdsourcing spezialisierten Unternehmen. Sie erklärt, welches Potenzial die Methode hat - wenn man es richtig macht.

Wie Crowdsourcing sich lohnen kann
Wie Crowdsourcing sich lohnen kann
Foto: Syda Productions - shutterstock.com

CW: Häufig wird beklagt, Deutschland sei in Sachen Innovations-Management und Kundenbeteiligung rückständig und unbeweglich. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Van Delden: Viele Unternehmen empfinden Innovation als ein Kernthema, das innerhalb ihrer Wände bearbeitet werden muss. Andererseits ändert sich hier auch etwas: Firmen haben die Abgeschlossenheit als Problem erkannt und fangen an, ihre Innovationsprozesse für externes Wissen und Collaboration zu öffnen. Dabei dürfen natürlich keien übervorsichtigen IT-Richtlinien im Wege stehen.

"Je länger Unternehmen Ideen mitschleppen, desto teurer wird es." Catharina van Delden
"Je länger Unternehmen Ideen mitschleppen, desto teurer wird es." Catharina van Delden
Foto: innosabi

CW: CIOs sagen uns immer wieder, dass sie mindestens 80 Prozent ihrer Budgets und ihrer Zeit in den Betrieb der laufenden Systeme investieren müssen. Lediglich 20 Prozent des Budgets - wenn überhaupt - stehen ihnen für neue Themen zur Verfügung. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Van Delden: Unsere Gesprächspartner sind eher Chief Marketing Officers und Innovations-Manager. Das Budget für unsere Crowdsourcing-Software kommt häufig aus dem Marketing- oder Entwicklungs- und Innovationsbudget. Daran zeigt sich auch der Wandel, der in Unternehmen stattfindet. Digitale Themen sind nicht mehr ausschließlich Themen des CIO oder CTO. Sie sind eingebettet in die Gesamtstrategie, und dabei geht es meistens um eine kundenzentriertere Ausrichtung.

CW: Von der IHK stammen Aussagen, wonach Open Innovation und Crowdsourcing die Entwicklungszeiten um 42 Prozent und die Entwicklungskosten um bis zu 20 Prozent senken können. Ist solchen Angaben zu trauen?

Van Delden: Bei solchen Zahlen halte ich mich gerne etwas zurück. Ich kann allerdings zu den Erfolgen unserer Kunden, die Crowdsourcing betreiben, schon etwas sagen. Das Unternehmen Manhattan zum Beispiel hält die über unsere Crowdsourcing-Plattform entwickelte neue Nagellack-Palette für eine der erfolgreichsten Kollektionen, die es jemals auf den Markt gebracht hat. Man sollte das aber nicht verallgemeinern.

Es gibt Forscher wie Professor Frank Thomas Piller von der RWTH Aachen oder die Analysten von Gartner, die sich deutlich zu den Potenzialen von Crowdsourcing äußern. Wie erfolgreich ein Vorhaben ist, hängt auch von der Marke ab. Vor allem ist von Bedeutung, wie ernst solch ein Projekt in einem Unternehmen genommen wird. Unter ferner liefen wird es keinen Erfolg haben.

Der Betriebswirtschaftsprofessor Frank Thomas Piller leitet den Lehrstuhl für Technologieund Innovationsmanagement an der RWTH Aachen. Piller beschäftigt sich mit Themen wie Open Innovation, Co-Creation und Crowdsourcing, dem Management diskontinuierlicher Innovationen sowie kundenzentrierten Wertschöpfungsstrategien, insbesondere Mass Customization.
Der Betriebswirtschaftsprofessor Frank Thomas Piller leitet den Lehrstuhl für Technologieund Innovationsmanagement an der RWTH Aachen. Piller beschäftigt sich mit Themen wie Open Innovation, Co-Creation und Crowdsourcing, dem Management diskontinuierlicher Innovationen sowie kundenzentrierten Wertschöpfungsstrategien, insbesondere Mass Customization.
Foto: RWTH Aachen

CW: Sind Sie sicher, dass Manhattans Nagellack-Coup auf das Crowdsourcing-Projekt zurückzuführen ist? Vielleicht haben ja auch Modetrends oder schlicht das Wetter den Erfolg begünstigt?

Van Delden: Manhattan hat das natürlich geprüft und festgestellt, dass über dieses Produkt in den sozialen Medien im Vorfeld der Markteinführung besonders oft gesprochen wurde. Im Vergleich zur Häufigkeit, in der normalerweise über derlei Kollektionen debattiert wird, war die Zahl der Blogeinträge auffällig hoch. Auch die Fanpage-Zahlen von Manhattan sind hochgeschnellt. Und das, obwohl das Unternehmen keine Werbung für das Projekt machte.

Ich würde niemals behaupten, dass Crowdsourcing das beste Werkzeug ist, um Fanzahlen in sozialen Medien zu pushen. Nachweisen lässt sich aber, dass solch ein Prozess Kommunikationen im Netz und eine Identifikation mit einem Produkt auslöst. Und darum ging es Manhattan in diesem Fall vorrangig.

CW: Welchen Einfluss auf die Vermarktung hat Crowdsourcing?

Van Delden: Geht es um die Vermarktung von Produkten, weiß der Kunde, er bekommt das, was er haben will. Er hat dem Unternehmen seinen Wunsch ja mitgeteilt. Gleichzeitig hat die Firma durch diesen offenen Prozess eine Beziehung zu ihrem Kunden aufgebaut. Das hat einen Buzz erzeugt, bevor das Produkt überhaupt auf dem Markt ist. Viele Blog-Einträge sind ja Tage, Wochen oder Monate vor der Produkteinführung online gegangen.