Werkzeuge für den strategischen Durchblick

30.05.2005

Pro und contra Abteilungslösungen
Doch der Schein trügt oftmals. Viele Initiativen und Produkteinführungen blieben hinter den Erwartungen zurück, kritisiert Howard Dresner, Vice President Research bei Gartner. Die meisten Anwendungen seien reine Abteilungslösungen, angeblich zentrale Data Warehouses oft nur lokale Data Marts. Der Wildwuchs solcher Insellösungen führe dazu, dass in Unternehmen durchschnittlich 30 Prozent der Business-Intelligence-Infrastruktur redundant aufgebaut würden. Zwar ließen sich Data Marts in drei bis 18 Monaten einrichten und seien damit im Vergleich zu einem zentralen Data Warehouse schneller einsatzbereit. Doch, gab der Gartner-Mann zu bedenken, steige der Pflegeaufwand, je mehr Einzellösungen entstünden; zudem fehle dann eine Architektur, um Systeme zur Entscheidungsunterstützung unternehmensweit und in die Geschäftsprozesse integriert nutzen zu können. Die Mehrheit der Anwender schrecke aber vor Investitionen in eine angemessene Infrastruktur zurück oder habe einfach keine Zeit dafür. Laut Dresner ist die Lage daher ernst: Die allermeisten Unternehmen arbeiteten bei ihren Business-Intelligence-Initiativen planlos und ohne interne Standards. "Viele müssen letztlich neu anfangen", wollen sie eine Gesamtlösung.

Das würde nichts bringen, behauptet Nigel Pendse, Herausgeber des "Olap Reports" und des jährlichen "OLAP Survey", der als ebenso streitbarer wie unabhängiger Kenner der am Markt verfügbaren BusinessIntelligenceWerkzeuge renommiert ist. Anwender, rät der Engländer, sollten keine unternehmensweiten Projekte aufsetzen, sondern kleine, abteilungsbezogene Projekte angehen, von denen die Benutzer unmittelbar bei ihrer täglichen Arbeit profitieren und die deshalb einen "schnellen Payback" brächten. Globale, langfristige Projekte laufen nach Pendses Ansicht Gefahr zu scheitern.

Das häufigste Argument gegen Teillösungen, dass diese nämlich zu Wildwuchs führten, lässt der "Olap-Report" -Herausgeber nicht gelten. Auch integrierte Gesamtlösungen von einem Hersteller seien aus zugekauften Tools zusammengesetzt und deshalb nur scheinbar integriert. Und wenn in mehreren Data Marts in einem Unternehmen dieselben Daten häufiger als einmal gespeichert würden, sei das auch keine wirkliche Verschlechterung, denn auch in den angeblich integrierten Modellen aus einer Hand werden Daten und Metadaten mehrfach gespeichert. In Wirklichkeit, ist Pendse überzeugt, könne ohnehin kein Anbieter einen kompletten Informationszyklus implementieren.

Mit Bezahlbarem beginnen
Anders als Pendse hängt Gartners Dresner dem Standard-Gedanken an. Gemeinsam mit dem OLAP-Reporter jedoch rät der Analyst zu einem pragmatischen Ansatz, mit dem eine Großlösung aus kleinen, handhabbaren und bezahlbaren Häppchen zusammengesetzt wird. Zunächst, empfiehlt Dresner, sei eine flexible "Topologie" für das Design eines Data Warehouse zu schaffen, die Änderungen und neue Anforderungen abbilden kann. Dabei seien Namenskonventionen ebenso zu klären wie Geschäftsregeln abzubilden. Dann sollten Anwender - an diesen Vorgaben orientiert - ein überschaubares, möglicherweise auch rein taktisch geprägtes Data Mart aufbauen. Im nächsten Schritt könne der Ausbau zum Data Warehouse starten, das wiederum die Grundlage für alle künftigen Data Marts bilde.

Um die Arbeiten zu organisieren, empfiehlt Dresner ein "Business Intelligence Competence Center" als strategische Planungsstelle, das alle Vorgaben überwacht und das Management einbezieht. Unabhängig von der IT könne dort zunächst eine konsistente Strategie formuliert und ausgearbeitet werden. "Allerdings darf es nicht Jahre dauern, bis sie Ergebnisse liefert."