Web-Services ante portas

23.07.2002
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.

Web-Services werden häufig als Paradigmenwechsel im Software-Design gesehen. Sie sollen den dynamischen und flexiblen Bau von Applikationen aus Komponenten ermöglichen. Dazu wurde ein Satz Grundstandards definiert, zum Beispiel die Beschreibungssprache XML. Das Ziel sind Programme, die unabhängig von der zugrunde liegenden Plattform und von jedem Standort aus aufgerufen werden können.

Alle namhaften Hersteller haben die volle Unterstützung der Standards angekündigt. Allerdings lassen die Definitionen Spielraum in den Details. Auch sind einige Punkte - zum Beispiel in den Bereichen Sicherheit oder Transaktions-Management - noch nicht hinreichend standardisiert. Bislang sind die Spezifikationen noch im Fluss. Um herstellerübergreifende Einigkeit zumindest für den kleinsten gemeinsamen Nenner zu gewährleisten, haben sich die meisten großen Anbieter in der Web Services Interoperability zusammengeschlossen.

Dabei bieten aus seiner Sicht die Web-Services technologisch keine Revolution, die Verbindung verschiedener IT-Systeme sei schon lange auch mit anderen Techniken möglich. Die Stärke im Vergleich zu den bisherigen Ansätzen liegt laut Jobst auf dem klaren und übergreifenden Grundstandard. Mit den unterschiedlichen Detaildefinitionen kann der IT-Leiter leben, zwei bis drei verschiedene Systeme am Markt seien kein Problem. Wie Bröll sieht auch Jobst den Geschäftsnutzen der Web-Services bis jetzt nur bedingt. Er kann sich jedoch prinzipiell Vorteile sowohl im EAI- als auch im SCM-Bereich vorstellen. 

Den breiten Einsatz der Web-Services erwartet auch Jobst bis 2003 oder 2004. Vor allem das Engagement der SAP wird seiner Meinung nach im deutschsprachigen Raum der Technologie Vorschub leisten. Da viele Anwender mit ihren SAP-Systemen jetzt einige Basis-Tools frei Haus geliefert bekämen, rechnet er mit einer zunehmenden Zahl an Projekten.

Web-Services produktiv

Sehr früh schon fing die Bauknecht Hausgeräte GmbH in Schorndorf an, sich mit dem Thema Web-Services auseinander zu setzen. Ein neues Projekt, das den Kunden die Möglichkeiten zur Sendungsverfolgung gibt, soll in den nächsten Tagen produktiv geschaltet werden, freut sich Ralf Bäuerle, IT-Leiter Deutschland. Überhaupt sind Web-Services aus seiner Sicht eher zum Kunden hin und weniger auf interne Prozesse gerichtet: „Für uns ist das ein Tool, das man im weitesten Sinn als CRM bezeichnen könnte.“ Das Abrufen von Produktinformation oder auch die Ergänzung von EDI stehen bei Bauknecht im Vordergrund. Bevor jedoch Web-Services produktiv gehen konnten, musste die IT-Abteilung bei Bauknecht und der Konzernmutter Whirlpool einige Arbeit investieren: „Wir haben viel experimentiert“, erläutert Bäuerle.