Warum sich Anwender mit SCM so schwer tun

14.03.2002
Von Jörg Köster

Allerdings sehen die meisten Unternehmen nicht, auf welche Weise die SCM-Systeme ihnen bei der Bewältigung dieser Aufgaben helfen können. Viele Firmen setzen lieber auf organisatorische Lösungen, unterstützt durch das vorhandene ERP-System. In den überwiegend funktionsorientierten Organisationsformen, die durch solche Systeme abgebildet werden, sind die tatsächlichen Potenziale nicht sofort erkennbar.

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung liegt im Markt der SCM-Systeme selbst begründet: Er ist relativ jung, dynamisch und nur schwer überschaubar. Einige Lösungen umspannen die Planung der gesamten Wertschöpfungskette vom Lieferanten über die Fertigung bis zum Kunden und dem Transport. Kleinere Softwareunternehmen bauen ihre Produkte meist um Module zur Fertigungsplanung auf. Spezialanbieter offerieren beispielsweise nur Lösungen zur Transportplanung. Der Vergleich der Anbieter und Lösungen ist nur schwer möglich. Markt- und Studien taugen allenfalls zur groben Orientierung.

Organisatorische Stolpersteine

Hinzu kommt, dass viele SCM-Systeme ihre Wurzeln in Nordamerika haben. Die wenigen europäischen Projekte belegen indes, dass die Ausgangslage und damit auch die SCM-Anforderungen in diesem Wirtschaftsraum andere sind als hierzulande. Die amerikanischen Referenzen umfassen in der Regel Großunternehmen mit geringer Fertigungstiefe und einer Massenproduktion mit anonymen Abnehmern. In Europa treffen die SCM-Anbieter jedoch auf vorwiegend mittelständische Unternehmen mit sehr hoher Produktvielfalt und ausgeprägter Kundenorientierung.

Die Annahme, dass sich die US-Verhältnisse mit einer Verzögerung von zwei bis drei Jahren auch auf dem deutschen Markt einstellen werden, trifft in diesem Fall nicht zu. Bei genauerer Betrachtung sind die meisten der angebotenen SCM-Systeme ohne Anpassung an regionale Gegebenheiten überhaupt nicht einsetzbar. Anbieter, die auf dem deutschen Markt groß geworden sind, haben dieses Problem nicht. Deshalb können sie mehr erfolgreiche Implementierungen vorweisen.

Zusätzlich verhindern oft organisationsimmanente Stolpersteine einen Projekterfolg. Die vorrangige Aufgabe eines SCM-Systems liegt darin, durch gemeinsame Planung der gesamten Wertschöpfungskette den „Bull-Wip-Effekt“ zu verhindern: das Aufschaukeln der Bedarfe vom Kunden bis zum Lieferanten. Eine gemeinsame Planung bedeutet im Idealfall, dass der Verkauf eines Produktes an den Endverbraucher unmittelbar eine Informationsweitergabe an alle vorgelagerten Glieder der Wertschöpfungskette auslöst.