VoIP im WLAN: Konvergenz ohne Standards?

19.08.2004
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Seine Vorteile kann VoWLAN, wie Voice over IP over Wireless LAN im europäischen Sprachraum abgekürzt wird (in den USA hat sich VoWi-Fi als Kürzel eingebürgert), jedoch nicht nur im eigenen Unternehmensnetz ausspielen. Weiteres Potenzial bietet die Technik in Hotspots, wenn sich der Außendienstmitarbeiter etwa im Hotel über WLAN und Internet per virtuelles privates Netz (VPN) mit seinem Unternehmensnetz und der dortigen IP-TK-Anlage verbindet. Mit dieser Methode spart ein großer IT-Hersteller nicht nur die teuren Handy-Gebühren, sondern seine Mitarbeiter sind dank IP-Telefonie auch im Hotel-Hotspot unter ihrer Bürodurchwahl erreichbar. Als Telefon kann dabei etwa ein Notebook mit USB- oder Bluetooth-Headset und installierter Softphone-Software dienen oder ein Pocket-PC.

Wobei die Anbindung per VPN an die unternehmenseigene IP-Telefonanlage nur eine Art ist, in Hotspots zu telefonieren. Betreiber wie die Hamburger WLAN International GmbH, die beispielsweise Sportboothäfen im Mittelmeerraum mit WLAN-Hotspots ausstattet, offerieren das Telefonieren im WLAN bereits als eigenen Mehrwertdienst. Dabei stellt der Hotspot-Betreiber dann das Gateway ins öffentliche Telefonnetz, so dass der Anwender nur noch ein SIP-fähiges Telefon (SIP = Session Initiation Protocol) wie das "Ephone P2000W" von Zyxel benötigt.

Das Potenzial der WLAN-Telefonie hat nach einer Erhebung des Marktforschungsinstituts In-Stat/MDR in den USA bereits heute zehn Prozent der 358 befragten Unternehmen überzeugt, VoWLAN einzuführen. Ferner liebäugeln laut In-Stat 50 Prozent der Befragten schon mit einer Migration zur WLAN-Telefonie.

So faszinierend die neuen Möglichkeiten klingen, die Technik birgt auch einige Fallstricke: Zum Beispiel ist der IEEE-Standard 802.11e, der beim Telefonieren im WLAN Sprachqualität garantieren soll, immer noch nicht verabschiedet. Dies ist im WLAN deshalb wichtig, weil es sich hier um ein Shared Medium handelt - alle Clients teilen sich also eine Funkzelle. Um nun bei der Übertragung eine Kollision der Datenpakete zu vermeiden, verwenden die WLANs im Gegensatz zur Collision Detection (CD) im kabelgebunden Ethernet als Mechanismus die Collision Avoidance (CA). Hierbei warten die beteiligten Stationen (Notebooks, WLAN-Telefone) mit dem Senden, bis ein Funkkanal frei ist. Eine Wartezeit, die beim Mail-Empfang nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Beim Telefonieren stören dagegen solche Auszeiten, da die Wörter abgehackt klingen. Deshalb ist eine Priorisierung des Sprachverkehrs erforderlich, wie sie im Standard 802.11e definiert werden soll.

Aufgrund dieser fehlenden Spezifikation handelt es sich bei den heute auf dem Markt angebotenen WLAN-Telefonie-Lösungen von Avaya, Cisco, Nortel Networks, Symbol Technologies, Siemens oder Samsung letztlich um proprietäre Ansätze.