Verträge verlängern: Wo die Fallen liegen

01.01.2006
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Bernd Schäfer verantwortete von 2003 bis 2017 als Partner und Geschäftsführer die Geschäfte von ISG in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Führungserfahrung in internationalen IT-Projekten von klassischen IT Sourcing -Themen bis zu Strategie- und kompletten Transformationsberatungen. 2012 hat Schäfer die Unternehmen Compass und TPI unter dem Dach von ISG erfolgreich zusammengeführt.
Die Ausgangslage ist für den Outsourcing-Kunden meist schlechter als bei der ursprünglichen Unterzeichnung.

Während sich das Thema Outsourcing in Deutschland weiter etabliert, sehen sich viele Kunden bereits der nächsten Herausforderung gegenüber: der Vertragsverlängerung mit ihrem derzeitigen Service-Provider. Grundsätzlich gelten für die Verhandlungen zwar ähnliche Regeln wie für Neuabschlüsse. Die Bedingungen können sich seit der Unterzeichnung jedoch stark verändert haben.

Hier lesen Sie...

  • warum bei Vertragsverlängerungen meist andere Bedingungen gelten als bei einem Neuabschluss;

  • warum die Erneuerung eines Servicevertrags von langer Hand vorbereitet werden sollte;

  • und was der Kunde sonst noch tun kann, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen.

Gemessen am Vertragswert wurden 2005 ein Fünftel der bestehenden Verträge verlängert, nachverhandelt oder regionalen/inhaltlichen Veränderungen angepasst. Bei den so genannten Mega-Deals (Verträge mit einem Wert ab 800 Millionen Euro) lag der Anteil sogar bei 38 Prozent.
Gemessen am Vertragswert wurden 2005 ein Fünftel der bestehenden Verträge verlängert, nachverhandelt oder regionalen/inhaltlichen Veränderungen angepasst. Bei den so genannten Mega-Deals (Verträge mit einem Wert ab 800 Millionen Euro) lag der Anteil sogar bei 38 Prozent.

Vor allem bei den Preisen erleben die Kunden zum Teil böse Überraschungen. Preissteigerungen von 50 Prozent sind keine Seltenheit, auch bei Geschäftsbeziehungen, die - zumindest bis dahin - als sehr gut galten. Ein gutes Verhältnis zum Kunden ist für den Dienstleister jedoch kein Grund, das bestehende Preisniveau aufrechtzuerhalten. Beim Outsourcing handelt es sich um ein noch recht junges Geschäft. Viele Vereinbarungen wurden unterzeichnet, bevor sich die Provider einen Überblick über ihre eigenen Kosten verschaffen konnten. Inzwischen hat sich ein Teil dieser Verträge als unprofitabel oder nur geringfügig rentabel für die Anbieter herausgestellt. Auch wenn solche Verluste in der Regel einkalkuliert waren - als Investition, um in das Geschäft einzusteigen und um das Wohlwollen der Kunden zu gewinnen: Kein Service-Provider wird einer Vertragsverlängerung zustimmen, mit der er auch in Zukunft Geld verliert.

Da sich die Anbieter mittlerweile über die Kosten ihrer Leistungen im Klaren sind und sich nicht mehr auf unrentable Deals einlassen, befindet sich der Kunde bei Vertragsverlängerungen in einer schwächeren Verhandlungsposition als bei Neuabschlüssen. Für den von den Unterzeichnungsgesprächen meist verwöhnten Kunden bedeutet das nicht nur eine enorme Umstellung. Er muss sich auch besser vorbereiten, um die Kontrolle über die Verhandlungen nicht zu verlieren. Vor allem sollte er möglichst früh mit den Gesprächen beginnen. Nur dann bleibt ihm genug Zeit, um zu alternativen Optionen - etwa der Vergabe an einen anderen Anbieter - zu greifen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Zeit zwischen dem Ablauf des ursprünglichen Vertrags und dem Beginn der neuen Verhandlungen liegt, desto besser ist die Ausgangslage für den Kunden.

Verhandlungen früh beginnen

Wichtig ist zunächst, den Zeitraum der Verhandlungen zu definieren. Basis hierfür ist das Datum, an dem der bestehende Vertrag mit dem aktuellen Service-Provider endet. Auch Vereinbarungen, die sich von selbst verlängern, beinhalten zumeist einen Zeitpunkt, ab dem die Preisliste nicht mehr gültig ist. Von diesem Datum sollte der Kunde zurückrechnen, und zwar um die Zeitspanne, die notwendig wäre, um die Arbeit gegebenenfalls an einen anderen Anbieter zu übergeben. Zusätzlich muss die Zeit, die für die Auswahl eines anderen Service-Providers nötig wäre, abgezogen werden. Daraus ergibt sich eine Art "Nullpunkt", an dem der Kunde entscheidet, ob eine Vertragsverlängerung mit dem gegenwärtigen Dienstleister möglich ist.

Als nächsten Schritt sollte der Anwender klären, wann der Prozess der Vertragsverlängerung beginnen muss. Hier empfiehlt es sich, vom "Nullpunkt" aus für die Verhandlungen drei Monate zurückzurechnen.