Unsere Innovationsförderung ist veraltet

07.09.2005
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

"Den Studenten, die sich selbständig machen wollen, fehlen ältere Business Angels, die ihnen so Einiges abnehmen", bestätigte TUM-Professor Broy. Er sehe viele Leute mit Ideen, aber wenige, die ihnen bei der Umsetzung helfen. Der Risikokapitaleber Wellington Partners hat Ähnliches beobachtet. Deshalb arbeitet er an einer Rückrufaktion für ausgewanderte Business-Experten. "Wir versuchen, Manager aus den USA zur Rückkehr zu überreden", berichtete Überla.

Die USA gelten nach wie vor als das Mekka des "Unternehmergeistes". Aber innovative Ideen entstehen auch in anderen Teilen der Welt. "Wir brauchen Innovationsketten auch zu den Ländern der dritten Welt", erinnert Broy an das Potenzial, das beispielsweise in Asien schlummert. Ein Fehler sei es jedoch, die Softwareentwicklung "naiv" auszulagern: "Damit geben wir das Beste weg, das wir haben."

Ulrike Flach, FDP: "Wir halten viel von durchgängiger und wettbewerbsorientierter Förderung."
Ulrike Flach, FDP: "Wir halten viel von durchgängiger und wettbewerbsorientierter Förderung."

Als Alternative zur staatlichen Förderung gilt das sogenannte Risikokapital, englisch: Venture Capital oder kurz VC. Hier sieht es aber für deutsche IT-Startups gar nicht gut aus: Den aktuellen Zahlen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zufolge flossen im ersten Halbjahr 2005 nur 75 Millionen Dollar in aufstrebende Kommunikations-, Elektronik-, IT-Service- und Softwareunternehmen aus heimischen Gefilden. Im vergangenen Jahr waren es knapp 90 Millionen - ganz zu schweigen vom ersten Halbjahr 2000, als die VC-Mittel für hiesige IT-Firmen bei einer runden Milliarde Euro lagen (siehe Grafik).

"Das VC-Problem kann der Staat nicht lösen", gab FDP-Specherin Flach zu bedenken: "Wir sehen mit Sorge den Rückschritt, aber das Kapital geht dahin, wo es am sichersten ist." Unternehmensgründer Weineck gab zurück, der Neue Markt habe das Gegenteil bewiesen. Und für den Venture-Capital-Experten Überla kann die Gesetzgebung durchaus zu einem investitionsfreundlichen Klima beitragen. Das Fundraising habe in den vergangenen zwei Jahren darunter gelitten, dass die steuerliche Einstufung als "nicht gewerblich" unzureichend geregelt sei.

Jörg Tauss, SPD: "Wir haben viel erreicht, aber es ist noch nicht genug."
Jörg Tauss, SPD: "Wir haben viel erreicht, aber es ist noch nicht genug."

Aus Weinecks Sicht hapert es am Sachverstand der Kapitalgeber. "Die Vergabe von Mitteln ist an den Nachweis von Inkompetenz gebunden", spottete er, "von der Bank bekommen Sie nur Geld, wenn Sie glaubhaft machen können, dass Sie es nicht brauchen." Um das zu ändern, benötige Deutschland eine "Innovationskultur". In den USA beispielsweise bekämen Unternehmer auch Geld, "wenn sie zweimal auf die Schnauze gefallen sind".

Wagniskapital hat auch negative Auswirkungen

Venture Capital allein könne aber nicht die Lösung aller Innovationsprobleme sein, wandte TUM-Professor Broy ein - im Gegenteil: "Manche Firmen leiden sogar darunter." Fraunhofer-Manager Rombach teilte Broys Einwand: Das Wagniskapital erlaube es den geförderten Unternehmen häufig nicht, ihr Produkt wirlich fertig zu stellen, sie müssten vielmehr gleich Gewinne machen.