Studie zum E-Commerce

So verhalten sich Online-Kunden

24.09.2008
Immer mehr Händler setzen auf den Online-Vertriebskanal. Doch allmählich wird es eng in den Nischen, und die Anbieter müssen sich professionalisieren. In einer Studie wurden das Verhalten und die Vorlieben der deutschen und internationalen Web-Kunden umfassend analysiert.

Der elektronische Handel ist eine der vielen Erfolgsgeschichten, die das Internet in den vergangenen zehn Jahren geschrieben hat. Die Vorteile der Kunden liegen auf der Hand: ein größeres Sortiment und im Idealfall ein bequemer Einkaufsprozess. Händler hingegen profitieren von neuen Käuferstrukturen, denn zur Laufkundschaft kommen potenziell noch diejenigen Kunden hinzu, die den Shop gefunden haben oder denen er empfohlen worden ist. Zwar hat das Internet längst nicht "alles verändert" und Buchhandlungen (oder gleich Bücher) überflüssig gemacht, wie zur Jahrtausendwende vielfach euphorisch postuliert worden war, doch sind die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Einkaufskultur und den stationären Einzelhandel enorm.

Der langjährige Online-Kunde sieht sich selbst als König, der mit lediglich einem Mausklick ein riesiges Hochregallager in Bad Hersfeld zum Leben erwecken kann. Hier wird das Bestellte gleich noch mit einem zweiten Klick als Geschenk eingepackt, ohne dass man peinliche Wartezeit in einer Kassenschlange überbrücken muss. Altbundeskanzler Helmut Schmidt soll stationäre Buchhandlungen einst als "geistige Tankstellen" bezeichnet haben - Amazon wäre analog dazu als "Konsum-Raffinerie" zu benennen. Und die Rahmenbedingungen sind nicht schlecht für den Online-Handel: Sieben von zehn Deutschen verbringen inzwischen privat Zeit im Internet, ein Großteil davon kauft hier auch ein: Tickets für Stevie Wonder und Fußball-Meisterschaften, individuelle T-Shirts und Handarbeiten, SIM-Karten und Darjeeling First Flush, billige Bahnkarten und Wellness-Reisen. Schuhe, Datenträger und Bücher sowieso. Die Bequemlichkeit hat mit dazu geführt, dass selbst der chronisch defizitäre deutsche E-Commerce-Pionier Intershop inzwischen schwarze Zahlen schreibt - wenn auch nicht wegen seiner traditionellen Software, sondern eher durch neue Fulfillment-Services.

Bestandskunden bei Laune halten

Doch die insgesamt positive Entwicklung des E-Commerce kann leicht darüber hinweg täuschen, dass im Online-Einzelhandel immer noch nur ein Bruchteil der Einnahmen des stationären Geschäfts erwirtschaftet wird. Forrester zufolge waren es im Jahr 2007 in den USA gerade einmal fünf Prozent, das Statistische Bundesamt weist für das Jahr 2006 in Deutschland einen Online-Umsatzanteil von vier Prozent aus. Inzwischen dürfte sich die Quote auf gefühlte sechs Prozent gestiegen sein, doch die Sorge, wo die Grenze des Nachfragewachstums verläuft, weitet sich aus. Während neue Händler versuchen, zusätzliche Zielgruppen online zu erschließen, sind die etablierten Web-Shops damit beschäftigt, ihre Bestandskunden bei der Stange zu halten.

Und der Wettbewerbsdruck steigt immer weiter an - rund 20 Prozent der großen, mittleren und kleinen deutschen Einzelhändler offerieren inzwischen Waren im Web. Die Frage ist nicht mehr, ob elektronisch gehandelt wird, sondern vielmehr: wer, wo, wann, was, wie? Seit nämlich klar ist, dass die Flut nicht automatisch alle Boote anhebt, müssen sich die Online-Shop-Betreiber professionalisieren, ihre Kundschaft kennen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Gilt der stationäre Einzelhandel als Haifischbecken, so zeichnet sich ab, dass im Web zudem auch noch Barracudas, Kraken und Orcas um die Kunden kämpfen, während große Fabrikschiffe ihre Schleppnetze durch das Zielgruppenmeer ziehen. Suchmaschinenoptimierung, Zahlungsausfälle, Sub-Shops und Abmahnungen sind inzwischen das tägliche Brot des Online-Händlers.

Eine weitere Facette der Professionalisierung sind umfangreiche Web-Statistiken. So hat der Transaktions-Dienstleister Pago im Sommer eine Studie vorgelegt, um die Trends im europäischen und speziell im deutschen E-Commerce zu dokumentieren (siehe Kasten "Die Studie im Überblick). In der Untersuchung werden das Kaufverhalten, das Zahlverhalten, das Zahlungsausfallrisiko und die Basisdaten der Branchen Handel, Online-Glücksspiel und -Wetten, Services sowie Reise und Entertainment ausgewertet. Das grundlegende Ziel des inzwischen siebten Pago-Reports sei es, so die Initiatoren, den Zustand des Online-Handels in Europa auf der Basis der über die Pago-Plattform abgewickelten Kaufvorgänge zu beschreiben und so ein möglichst reales Abbild des E-Commerce zu zeichnen.

Die Studie im Überblick

Bereits zum siebten Mal untersucht der Pago-Report den Status quo des E-Commerce, also das Kaufverhalten, das Zahlverhalten, das Zahlungsausfallrisiko und die Basisdaten der Branchen Handel, Glücksspiel und Wetten, Services sowie Reise und Unterhaltung. Dies geschieht auf Basis von über 30 Millionen realen Kaufvorgängen, die zwischen Oktober 2006 und September 2007 über die Pago-Plattform abgewickelt wurden. Der Payment-Dienstleister Pago fungiert als Kreditkarten-Acquirer für die Kartenorganisationen Visa und Mastercard in Europa. Neben der Kreditkarte und dem elektronischen Lastschriftverfahren werden die Offline-Zahlarten wie Rechnungskauf oder Vorkasse sowie erstmals Giropay und Maestro ausgewertet.