In drei Tagen zum perfekten CIO?
CW: Warum müssen CIOs sich überhaupt mit solch umfassenden Unternehmensentscheidungen beschäftigen?
Hutzschenreuter: Die IT steht längst nicht mehr am Rande eines Unternehmens, sondern ist ein zentraler Bestandteil des Kerngeschäfts. Ohne IT kann heute kein Prozess gedacht werden und auch Produktinnovationen sind IT-getriebener denn je. Die Führungskraft im Bereich IT muss das Gesamtgeschäft im Blick haben, denn sie hat einen sehr großen Einfluss auf den Geschäftserfolg und Misserfolg des gesamten Unternehmens. Das macht General Management Fähigkeiten unersetzlich.
CW: Wie steht es denn um die General Management Fähigkeiten von CIOs?
Hutzschenreuter: Ich möchte hier keiner Führungskraft im IT-Bereich zu nahe treten. Vorsichtig formuliert besteht im IT-Bereich ein verstärkter Nachholbedarf, diese Fähigkeiten noch mehr auszuprägen. CIOs müssen noch besser lernen, IT-Entscheidungen vom Geschäft her zu denken und nicht umgekehrt. Der Blick auf das Gesamtgeschäft muss fest zu ihrem Standardrepertoire gehören.
CW: Wo beobachten Sie die größten Defizite?
Hutzschenreuter: Der meiste Nachholbedarf besteht nach meiner Beobachtung im Strategiedenken. Kennen Sie einen CIO, der zum CEO aufgestiegen ist? Dass diese Weiterentwicklung so selten stattfindet, liegt meiner Meinung nach auch daran, dass CIOs Probleme noch nicht stark genug von der Geschäftsseite her durchdenken. Produktinnovationen, neue Märkte und flexiblere Geschäftsprozesse etwa gehören allesamt zu den Themen, bei denen die Unternehmens-IT eine entscheidende Rolle einnimmt. Natürlich gibt es CIOs, die das schon gut meistern, doch in der Regel ist ihre Rolle verbesserbar.
- Aufgaben und Fähigkeiten des CIOs der Zukunft
Die neue CIO-Rolle pendelt zwischen intern und extern ausgerichteten Aufgaben. Zudem vereint sie zu gleichen Teilen Technik- und Business-Expertise. Manche CIOs meistern vielleicht nur eine der neuen Aufgaben. Wer aber oben mitspielen will, müsse alle vier Rollen beherrschen: - Chief Infrastructure Officer:
Viele CIOs spielen dieses Rolle längst, so Wang. Es sei auch relativ einfach. In dieser Rolle sind sie für 65 bis 70 Prozent des CIO-Budgets verantwortlich und müssen die Kosten senken. Bei den meisten Projekten dreht es sich darum, sie am laufen zu halten und vererbte Systeme zu betreuen. Die Infrastruktur-CIOs konzentrieren sich meist auf Technik und interne Angelegenheiten. Wang zufolge entwickelt sich die Rolle des Infrastruktur-CIOs zur Kernkompetenz, die aber immer weniger wahrgenommen wird. - Chief Integration Officer:
Auch das Einfühlen in diese Rolle bedeute keine große Umstellung, sagt Wang. Sie veranschlage nur fünf bis zehn Prozent des Budgets und muss verschiedene Geschäftsprozesse zusammenführen: Daten, das System, vererbte Systeme und die neuen Cloud-Initiativen. Der Integrations-CIO kümmert sich sowohl um die Technik sowie nach außen und innen gerichtete Aufgaben. - Chief Intelligence Officer:
Ihm unterstehen zehn bis 15 Prozent des Budgets, und seine Aufgabe ist es, die User im Unternehmen mit Informationen zu versorgen. Die richtigen Daten müssen zur richtigen Zeit auf der richtigen Plattform bei der richtigen Person landen. Er kümmert sich also um nach innen gerichtete Aufgaben. - Chief Innovation Officer:
Mit nur fünf bis zehn Prozent des Budgets muss er zu Schnäppchenpreisen Innovationen vorantreiben. "Sich an die Rolle des Innovations-CIOs zu gewöhnen, wird für viele bestimmt schwierig", sagt Wang. "Dafür muss man die Geschäftsstrategien sehr gut kennen und gleichzeitig bei richtungsweisenden Technologien am Ball bleiben. Häufig deckt der Markt diese neuen Techniken gar nicht gut ab, sodass sich Teams im Haus schon früh selbst um die Einbindung kümmern müssen." - Die wichtigsten Fähigkeiten
Neben diesen neuen Rollen, sagt Wang, müssten CIOs in Zukunft diese zentralen Fähigkeiten mitbringen: - Schnell die Potenzielle bahnbrechender Technologien für das eigene Unternehmen einschätzen:
Schnell die Potenzielle bahnbrechender Technologien für das eigene Unternehmen einschätzen: Führende Unternehmen investieren stärker in Forschung sowie in interne Prozesse, die das eigenen Unternehmen auf die steigende Geschwindigkeit der Technologie-Wechsel einstellen. - Geschäftsmodelle der nächsten Generation entwerfen:
IT-Entscheider müssen bestimmen, wo im Wettbewerb eine neue Technologie Vorteile bringt, den Gewinn steigern und gleichzeitig sparsam und effizient auf dem Markt auftreten. - Laufzeitverlängerung finanziert Innovationen:
Die IT Budgets werden 2011 kaum wachsen. Also muss ein großer Teil zukunftsweisender Technik und Geschäftsmodelle finanziert werden, indem man die schon getätigten Investitionen ausreizt.
CW: Das Leadership Excellence Programm dauert drei Tage. Reicht ein so kurzer Zeitraum aus, um ein perfekter CIO zu werden?
Hutzschenreuter: Ein dreitägiges Seminar kann nicht alle Fragen beantworten. Doch es gibt einen nachhaltigen Anstoß, um die erlernten Dinge im Tagesgeschäft umzusetzen und neue Fragen zu stellen. Zum Beispiel ist man nach dem Besuch des Seminars ein ganz neuer Gesprächspartner für andere Führungskräfte im Unternehmen, etwa für den CEO oder den CFO. Das Seminar leistet einen Ausgangspunkt für die Entwicklung von einer IT-Führungskraft hin zu einer Führungskraft, die sich nicht nur über IT definiert sondern über ein breiteres Geschäftsverständnis.