Ein Bot als kleiner Helfer

So nutzt Walmart Generative AI

27.10.2023
Von 
Michael Bertha ist Partner bei der Strategieberatung Metis Strategy und freiberuflicher Autor für CIO.com. Sein Unternehmen berät Fortune-500-CIOs und Digital-Executives in Fragen der IT-Strategie.

Ein bereichsübergreifendes Produktteam baute die App

Wie Donna Morris, Chief People Officer bei Walmart, berichtet, wurde die Einführung von My Assistant durch viele Faktoren beeinflusst. Dazu gehörte nicht zuletzt der Support der Führungskräfte, die das Potenzial von GenAI früh erkannt hätten.

Aus Sicht von Morris ist die Leistung von Peterson als einem der Hauptverantwortlichen gar nicht hoch genug einzuschätzen. Bis vor kurzem sei dessen "People Product Organization" der globalen Technologiesparte untergeordnet gewesen, eine Struktur, die in Unternehmen der Größe von Walmart üblich ist. So habe das Produktteam zwar enge Beziehungen zu anderen funktionsübergreifenden Delivery-Teams aufbauen können, doch die Entfernung zu den Business-Einheiten sei zu groß gewesen. Das habe die Arbeiten behindert.

Walmart reagierte und unterstellte Peterson und seine Unit dem HR-Bereich von Morris. Dies sei die entscheidende Weichenstellung gewesen, erinnert sich Peterson. "Angesichts von Donnas Visionskraft, ihrer Leidenschaft für Technologie und ihrer großen Erfolgsbilanz in Sachen Innovation war es wichtig, unser Team unter ihre Führung zu stellen." Jetzt sei man gut positioniert, um erstklassige digitale Erlebnisse zu schaffen, die den Mitarbeitenden und damit auch dem Geschäft zugutekämen.

Als es an die Umsetzung ging, wurde funktionsübergreifend ein Team mit Spezialisten aus den Bereichen Produkt, Technik, Data Science, Design und den Business Units zusammengestellt. Deren Führungskräfte waren involviert und unterstützten, wann immer sich Hindernisse auftaten. Das Team konnte sich ganz auf das Erforschen, Entwickeln und Erstellen von GenAI-Funktionen konzentrieren. Mithilfe von agilen Entwicklungsmethoden und Rapid Prototyping entwickelte es in nur 60 Tagen ein Minimum Viable Product (MVP) für My Assistant und übergab es an die Mitarbeiter.

"Donna und die anderen Manager waren tief in unsere Strategieentwicklung und Umsetzung eingebunden - einschließlich der Teilnahme an frühen Produktdemonstrationen und wöchentlichen Besprechungen", blickt Peterson zurück. Dieses Engagement habe es ermöglicht, den Fokus aufrechtzuerhalten und Hindernisse bei der Umsetzung zu beseitigen. "Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig die Abstimmung mit den Führungskräften war, um unser Produktteam in die Lage zu versetzen, schnell voranzukommen und den Gegenwind abzufedern, dem wir ausgesetzt waren."

Bei Walmart wurden innovative Wagnisse immer schon als wettbewerbskritisch angesehen. Das gilt etwa für das hier im Bild sichtbare Low-Price-Angebot, das heute in Management-Lehrbüchern diskutiert wird.
Bei Walmart wurden innovative Wagnisse immer schon als wettbewerbskritisch angesehen. Das gilt etwa für das hier im Bild sichtbare Low-Price-Angebot, das heute in Management-Lehrbüchern diskutiert wird.
Foto: Chekyravaa - shutterstock.com

GenAI ist wie Excel in den 80er Jahren

Laut Peterson ist der Siegeszug von GenAI vergleichbar mit dem Aufkommen von Microsoft Excel in den 1980er Jahren. "Ähnlich wie die frühen Excel-User geschult werden mussten, um zu verstehen, wie man Pivot-Tabellen und VLOOKUP-Formeln nutzen kann, müssen GenAI-Nutzer das Prompting verstehen und wissen, welche Anwendungsfälle sich lohnen könnten." Wie immer bei solchen Vorhaben, sei das Change Management von größter Bedeutung.

Damit My Assistant nun auch wirklich in der Breite genutzt wird, setzt Walmart auf Demos von pragmatischen Anwendungsfällen in Town Hall Meetings und auf praktische Schulungen für Personalmanager. Diese sollen das Wissen und die Sicherheit gewinnen, um Anwendungsfälle in ihren Teams voranzutreiben.

"Wir ermutigen unsere Führungskräfte, mit ihren Leuten über My Assistant zu sprechen, und zeigen ihnen, wie sich damit Kreativität und Produktivität fördern lassen", erklärt Peterson. "Wenn zum Beispiel jemand ein Whitepaper schreiben muss, soll er sich nicht dafür schämen, My Assistant als Startpunkt zu verwenden. Manager sollten den Einsatz der KI begrüßen, da sie wissen, dass dies zu einem kreativen ersten Entwurf führen kann. Das Ergebnis wird nicht perfekt sein und menschliches Eingreifen erfordern, aber My Assistant kann dazu beitragen, Schreibblockaden zu beseitigen und Prozesse zu beschleunigen."

Blick in die Zukunft

Bei Walmart ermöglicht My Assistant dem US-Personal, eigene Daten aus dem Ökosystem des Konzerns sicher zu synthetisieren, zusammenzufassen und zu ergänzen. In naher Zukunft werden die Mitarbeiter bei Walmart die KI nutzen können, um komplexe Fragen etwa zu ihren Sozialleistungen oder anderen personalisierten Anwendungsfällen rund um Karriereentwicklung beantwortet zu bekommen - also zu Trainings, Onboarding, Datenanalyse und vielem mehr.

Walmart will My Assistant nun auch international ausrollen, beginnend in Kanada, Mexiko und Mittelamerika. Auf Dauer sollen zudem die Beschäftigten in den Märkten mit KI-Lösungen arbeiten können, um ihre Kunden besser bedienen zu können. Dabei kann Peterson noch nicht sagen, wie sich die Arbeitswelt verändern wird. Er erwartet, dass die Qualität der Arbeit verbessert wird und mehr Nebenprodukte auf GenAI-Basis entstehen werden. "Am Ende wird es aber so sein wie immer: Unsere Mitarbeiter sind das, was uns auszeichnet." (hv)