Wie ein Mittelständler professionell und fair Mitarbeitern kündigte

So entlassen Sie richtig!

24.05.2023
Von 

Silas Koch arbeitet in Darmstadt unter anderem  als Fachjournalist. Er ist auf IT- und Managementthemen spezialisiert.

Unterstützung beim beruflichen Weiterkommen

In den Gesprächen war wichtig, "die Trennungsbotschaft klar zu vermitteln, jedoch zugleich im Umgang mit den Betroffenen fair und wertschätzend zu bleiben", wie es die Berater formulierten. Betont wurde deshalb stets, dass die Trennung nichts mit der betreffenden Person und ihrer Leistung zu tun habe, sondern betriebsbedingt sei und auf Basis einer mit dem Betriebsrat verhandelten Sozialauswahl erfolge. Außerdem sagten sie den Betroffenen nicht nur ihre persönliche, sondern auch eine Unterstützung des Unternehmens beim Aufbau einer möglichen beruflichen Alternative zu.

Letztlich entschieden sich alle 29 betriebsbedingt gekündigten Mitarbeitenden an dem vom Unternehmen angebotenen Newplacement-Prozess teilzunehmen. Also trafen sich die Berater mit ihnen, um mit ihnen mögliche neue berufliche persönliche Perspektiven zu erarbeiten. In den Gesprächen wollten die Berater vor allem eines vermitteln: "Ihr seid alle keine Berufseinsteiger. Ihr habt alle jahrelange Berufserfahrung. Deshalb könnt ihr in Unternehmen wichtiges Know-how einbringen."

Intensives Training für die Entlassenen

Anschließend fanden für alle Gekündigten in Kleingruppen Bewerbertrainings statt. In ihnen entwickelten sie für sich eine berufliche Perspektive:

  • Suche ich mir eine neue Stelle, gehe ich in den vorgezogenen Ruhestand oder mache ich mich selbständig?

  • Steige ich beruflich gleich wieder voll ein oder nutze ich die Situation, um mich weiterzubilden?

In den Trainings ermittelten die Teilnehmer auch, welche "Stärken" sie als Bewerber in die Waagschale werfen können. Außerdem analysierten sie, bei welchen Unternehmen Bewerbungen Erfolg versprechend wären. Danach erstellten sie ihre Bewerberprofile und -mappen.

Gekündigte Mitarbeiter unterschätzen oft ihre Kompetenz

Nach den Trainings traf sich jeder Stellensuchende mit einem der externen Berater, um der persönlichen Bewerbungsmappe und -strategie den letzten Schliff zu geben. Dies war nötig, weil sich die meisten Teilnehmer seit Jahren nicht mehr beworben hatten. Entsprechend unsicher waren sie oft bezüglich des Vorgehens. Zudem waren ihnen häufig Fähigkeiten nicht bewusst, die ihnen Pluspunkte bringen, sofern sie sich beim richtigen Unternehmen bewerben.

Ein Berater berichtete dazu Folgendes: "Ein Unternehmen mit etwa 200 Mitarbeitern hat eine andere Arbeitsstruktur und -kultur als ein Konzern. In ihm haben die Mitarbeiter meist nicht nur ein breiteres Aufgabenfeld, sie müssen auch öfter improvisieren." In einem solchen Umfeld erfolgreich gearbeitet zu haben, kann beim Bewerben ein Plus sein.