Siebel muss sich warm anziehen

30.01.2002
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Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach einem Umsatzeinbruch im dritten Quartal scheint es für den führenden Anbieter von Customer-Relationship-Management-(CRM-)Lösungen, Siebel Systems , wieder aufwärts zu gehen. Darauf lassen zumindest die Zahlen des vierten Quartals schließen. Doch auch im CRM-Geschäft wachsen die Bäume nicht in den Himmel.
Im dritten Quartal hat Siebel einen Umsatzeinbruch auf 428,5 Millionen Dollar erlitten. Im vierten Quartal ging es wieder aufwärts.
Im dritten Quartal hat Siebel einen Umsatzeinbruch auf 428,5 Millionen Dollar erlitten. Im vierten Quartal ging es wieder aufwärts.

Die Nachfrage nach CRM-Lösungen ist im vergangenen Jahr erheblich langsamer als bisher gewachsen. Den Marktforschern von Gartner zufolge stieg der weltweite Umsatz aus dem Neulizenzgeschäft im vergangenen Jahr gegenüber 2000 nur um acht Prozent auf 3,9 Milliarden Dollar an. Zum Vergleich: Zwischen 1999 und 2000 lag die Wachstumsrate noch bei 89 Prozent. Die weltweite Wirtschaftsflaute und die Ereignisse des 11. September ließen das Geschäft vor allem in den letzten Monaten des Jahres einbrechen.

„Spektakuläre Abschlüsse sind rar geworden“, bringt Wolfgang Schwetz von der Karlsruher Unternehmensberatung Schwetz Consulting die Problematik des von vielen Experten lange Zeit als Wachstumsmarkt per excellence apostrophierten Segment auf den Punkt.

Diese Erfahrung musste auch Marktführer Siebel Systems machen. Im dritten Quartal verzeichnete der CRM-Anbieter aus San Mateo, der seine Einnahmen bis dahin Jahr für Jahr hatte verdoppeln können, einen Umsatzeinbruch um 14 Prozent. Der Nettogewinn ging sogar um 47 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres zurück. Nach den Worten von Chairman und Chief Operating Officer (COO) Tom Siebel verzeichnete das Unternehmen in den ersten Wochen nach dem 11. September kaum noch neue Aufträge.

Seit November/Dezember zeichnet sich jedoch allmählich wieder eine Belebung ab. Den vergangene Woche vorgelegten Zahlen zufolge erzielte Siebel im vierten Quartal zumindest ein leichtes Umsatzplus - von 428,5 Millionen auf 481,4 Millionen Dollar - gegenüber dem Vorquartal. Für das Gesamtjahr stiegen die Einnahmen um 14 Prozent auf 2,05 Milliarden Dollar an. Den Nettoprofit konnte die Software-Company sogar von 123,1 Millionen auf 254,6 Millionen Dollar mehr als verdoppeln. Dabei rettete sie sich allerdings mehr oder weniger über die Serviceeinnahmen durchs Jahr. Firmenangaben zufolge lagen diese im vierten Quartal bei 231 Millionen Dollar, während das Lizenzgeschäft rund 250 Millionen Dollar einbrachte. Allerdings spiegelt die Zunahme des Servicegeschäfts einen allgemeinen Trend in der Branche wider.

Gut lief das Geschäft laut Firmenchef Tom Siebel vor allem im Dezember. In den letzten vier Wochen des Jahres habe sein Unternehmen rund die Hälfte des gesamten Quartalsumsatzes erwirtschaftet. Da sich die positive Entwicklung in den ersten Januarwochen fortgesetzt habe, rechnet der CEO nun für 2002 wieder mit Wachstum. „CRM besitzt nach wie vor die höchste Priorität in IT-Abteilungen“, begründet der Firmenchef seinen Optimismus. Große Hoffnungen setzt er vor allem in Zentraleuropa - und hier speziell in den CRM-Schlüsselmarkt Deutschland.

Regional betrachtet ist Siebels US-amerikanisches Geschäft mit 56 Prozent Anteil am Gesamtumsatz nach wie vor am einträglichsten und spiegelt damit die allgemeine Situation im CRM-Markt wider: Laut Aberdeen Group entfielen 2001 rund 7,8 Milliarden und damit gut 58 Prozent des gesamten Markts auf die USA. Angesichts der dortigen Investitionsflaute will der CRM-Anbieter aber mittelfristig versuchen, 40 Prozent seiner Einnahmen in den USA, 40 Prozent in Europa und 20 Prozent in der übrigen Welt erwirtschaften.

CRM bleibt ein Wachstumsmarkt

Marktanteile weltweit (2001): Weltweit ist Siebel nach wie vor mit Abstand die Nummer eins im CRM-Markt. Doch vor allem SAP, Oracle und Peoplesoft haben gute Chancen, dem Branchenprimus Marktanteile abzuringen.
Marktanteile weltweit (2001): Weltweit ist Siebel nach wie vor mit Abstand die Nummer eins im CRM-Markt. Doch vor allem SAP, Oracle und Peoplesoft haben gute Chancen, dem Branchenprimus Marktanteile abzuringen.

Den Analysten von Gartner zufolge steckt in Europa noch großes Potenzial: Der gesamte europäische CRM-Markt - inklusive Servicegeschäft - soll von 5,1 Milliarden Dollar im Jahr 2001  auf 18,5 Milliarden Dollar 2005 wachsen. Zum Vergleich: Weltweit erwarten die Marktforscher von Aberdeen für das laufende Jahr ein Wachstum von 14,1 Prozent. Bis zum Jahr 2005 soll das Marktvolumen auf 27,8 Milliarden Dollar expandieren. Siebels Hoffnungen auf ein anhaltend gesundes Wachstum dürften damit auch angesichts schrumpfender Budgets und einer gesamtwirtschaftlichen Abkühlung nicht unbegründet sein.

Derzeit ist Kostensenkung einmal mehr das stärkste Argument dafür, den Vertrieb mit Hilfe von Kundenbeziehungs-Management umzustrukturieren. Zudem vermag die Company insofern von der Rezession zu profitieren, als sie ihre Produkte an eine große Zahl bestehender Kunden verkaufen kann, während es Unternehmen, die Neukunden gewinnen müssen, momentan schwer haben.