Schneider, Sun Microsystems: "Solaris ist das beste Linux"

09.03.2007

CW: Wie verschieben sich derzeit aus Ihrer Sicht die Kräfteverhältnisse im Server-Geschäft, gerade was das Verhältnis zwischen Sparc- und x64-Plattform betrifft?

SCHNEIDER: Sun verfolgt eine Drei-Säulen-Strategie. Neben der Sparc-Familie und der Chip-Multi-Threading-Technologie (CMT) ist dabei x64 eine wichtige Komponente. Hier ist Sun erfolgreicher denn je.

CW: Verlieren die Sparc-Prozessoren damit an Bedeutung?

SCHNEIDER: Über die Zukunft von Sparc ist schon viel diskutiert worden, auch als wir unsere Kooperation mit AMD und jüngst mit Intel angekündigt hatten. Sun steht aber nach wie vor hinter der eigenen CPU-Linie. Gerade in Sachen Skalierbarkeit und Verfügbarkeit ist Sparc den x64-Architekturen voraus. Sicher gibt es bestimmte rechenintensive Anwendungen, für die ein x64-Chip besser geeignet ist. Aber geschäftskritische Anwendungen wie beispielsweise Datenbanken sollte man besser nicht mit einer x64-Architektur betreiben.

CW: Was sind die Vorzüge Ihrer Risc-Architektur?

SCHNEIDER: Der größte Trumpf ist unsere CMT-Technik. Hier haben wir einen Vorsprung von zwei Jahren. Andere Anbieter versuchen, uns in diesem Bereich zu kopieren. Die CMT-Maschinen können 32 Prozesse parallel abarbeiten, wo Intel und AMD vielleicht zwei schaffen. Dafür muss der Chip auch nicht so hoch getaktet sein. Wenn ein CMT-Sparc mit 800 Megahertz arbeitet, sind die CPUs von Intel und AMD auf mehrere Gigahertz hochgetaktet.

CW: Was sind die Vorteile für die Anwender?

SCHNEIDER: Früher hat man einfach x64-Pizzaboxen gestapelt. Richtig skalieren konnten die Anwender damit jedoch nicht. Heute tauchen Probleme mit der Wärmeentwicklung auf. Die Stromkosten im Rechenzentrum sind mittlerweile schon so hoch wie die jährlichen Investitionskosten in Hardware. Mit x64 stößt man allmählich an Grenzen. Das merkt inzwischen auch Intel. Dort hieß es immer: schneller, schneller, schneller. Doch das bedeutet auch: wärmer, wärmer, wärmer. Mit den CMT-Rechnern ersetzen wir die Pizzaboxen.

CW: Wie bewertet Sun den aktuellen Hype rund um das "grüne Rechenzentrum"?

SCHNEIDER: In den USA ist das momentan das beherrschende Thema. Vor zwei Jahren hat man noch kein Wort darüber verloren. Mit den Sturmschäden in New Orleans, den Stromausfällen und der Bedrohung durch den Klimawandel, vor dem auch Al Gore warnt, kam der Hype auf. Die Vorteile für die Umwelt sind jedoch nur ein Aspekt. Die Mehrheit der Nutzer setzen stromsparende Rechner aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen ein. Das lässt sich relativ einfach rechnen, da sich die Systeme durch den eingesparten Strom schnell amortisieren. In Kalifornien wird der Einsatz von Sun-Servern öffentlich gefördert ist. Außerdem kooperieren wir mit Stromlieferanten.

CW: Ein Hype, den Sun getrieben hat, ist das Utility-Computing. Was ist daraus geworden?

SCHNEIDER: Das Konzept ist in einigen Teilen bereits umgesetzt. Wir haben ein Rechenzentrum aufgebaut. Mittlerweile hängen 20 Kunden vornehmlich aus der Pharma- und Biotech-Industrie, die kurzfristig Rechenleistung benötigen, an unserem Grid-System. Ferner nutzt AMD das Grid für seine Chipentwicklung, und auch ein deutsches Bankhaus bezieht hier Rechenleistung. Wir verfolgen unsere Vision weiter. Es ist kommerziell sicher noch nicht die große Welle, aber wir machen an dieser Stelle die ersten Live-Versuche. Sun ist davon überzeugt, dass die langfristige Entwicklung in diese Richtung geht, Rechenleistung quasi aus der Steckdose zu beziehen.

CW: Was muss passieren, dass diese Vision wahr wird?

SCHNEIDER: Die Applikationen müssen an diese Grid-Architektur angepasst werden. Das Gleiche ist im Grunde im Stromnetz auch passiert. Beispielsweise musste man erst die Applikation Fernsehen an die Architektur anpassen. Man konnte keine 60- oder 380-Volt-Fernseher bauen, sondern musste die Geräte auf 220 Volt standardisieren. Das Gleiche wird auch in der IT-Industrie kommen. Es ist jedoch ein langwieriger Prozess. Heute sind erst die extrem rechenintensiven Applikationen daran angepasst. Der Großteil der Anwendungen erfüllt diesen Standard noch nicht. Solange es noch nicht so weit ist, braucht es unterschiedliche Architekturen.

CW: In welchen Zeiträumen denken Sie hier?

SCHNEIDER: Es gibt wenige Applikationen, die heute schon Grid-Technik nutzen können. Interessanterweise benötigen diese wenigen Anwendungen 30 bis 40 Prozent der gesamten Rechenleistung. Für diesen Bereich wird das Thema Utility-Computing schnell kommen, ich schätze in den kommenden fünf Jahren. Die Vorteile für die Kunden liegen auf der Hand. Sie müssen nicht selbst eine teure Infrastruktur aufbauen, sondern können flexibel Rechenleistung dann beziehen, wenn sie diese benötigen.

CW: Müssen Softwarehersteller mehr tun, beispielsweise ihre Lizenzmodelle an die Grid-Welt anpassen?

SCHNEIDER: Absolut. Ich denke, hier ist der Druck der Kunden noch nicht groß genug. Wie ich immer höre, fordern die Anwender einfache und transparente Lizenzmodelle. Deshalb basiert auch unser eigenes Lizenzmodell auf Mitarbeiterzahlen. Jede Firma weiß darüber Bescheid und kann deshalb ihre Softwarekosten transparent kalkulieren. Zudem spiegelt diese Metrik auch wider, wie es dem Unternehmen wirtschaftlich geht. Das ist ein sehr einfaches Modell, das eng mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten des Unternehmens verknüpft ist. Es ist wichtig, dass die Kunden einfache Lizenzmodelle von ihren Softwareanbietern einfordern. An dieser Stelle muss weiter Druck aufgebaut werden.