HANA Enterprise Cloud

SAP packt HANA-Systeme in die Wolke

08.05.2013
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Anwender sollen künftig komplette Systeme aus Anwendungen und HANA-Datenbasis als Managed Cloud Service beziehen können. Das Angebot ist jedoch kein Software as a Service (SaaS). Interessenten müssen Lizenzen mitbringen oder neu kaufen.

Es ist der nächste große Schritt auf der HANA-Reise", sagte SAP-Vorstand und Technik-Chef Vishal Sikka anlässlich der Vorstellung der "HANA Enterprise Cloud". SAP-Kunden sollen mit dem neuen Angebot ihre Anwendungssysteme rund um ERP, CRM sowie Netweaver-Business-Warehouse-Umgebungen als "Managed Cloud Service" auf HANA-Basis beziehen können.

"Es ist der nächste große Schritt auf der HANA-Reise", SAP-Vorstand und Technik-Chef Vishal Sikka.
"Es ist der nächste große Schritt auf der HANA-Reise", SAP-Vorstand und Technik-Chef Vishal Sikka.
Foto: SAP

Mit HANA hat SAP in den zurückliegenden Jahren eine Datenbank-Appliance mit In-Memory-Technik entwickelt, die sich für analytische wie transaktionale Systeme eignen soll. Die Erwartungen der SAP-Führung an HANA sind hoch. Mit dem In-Memory-System wollen die badischen Softwerker gegen klassische Datenbanksysteme von Oracle, IBM und Microsoft antreten.

Seinen Kunden verspricht Sikka mit der HANA-Cloud eine einfachere, schnellere und günstigere Nutzung der Plattform. Da Anwender keine eigenen HANA-Umgebungen mehr aufbauen müssten, könnten entsprechende Projekte innerhalb weniger Stunden - statt wie früher in Wochen - aufgesetzt werden. Auf die Kostenvorteile wollte Sikka allerdings nicht weiter eingehen. SAPs Preismodell hat indes wenig mit der Cloud-Idee gemein. Anwender benötigten in der Enterprise Cloud Lizenzen für Anwendungen, HANA und Netweaver. Dabei könnten auch bereits bestehende Lizenzen genutzt werden.

Ganz so einfach funktioniert der Umzug in die HANA-Wolke wohl nicht. SAP selbst empfiehlt interessierten Kunden, sie "sollten sich umfassend von den Experten der SAP beraten lassen", heißt es in einer offiziellen Mitteilung der Walldorfer. Dabei würde geprüft, welche Lösungen von einer Verlagerung in die Cloud am ehesten profitierten. Ist das geklärt, könne SAP Services die entsprechenden Onboarding- und Migrationsservices bereitstellen. "Danach können die Kunden den SAP HANA Enterprise Cloud Service monatlich abonnieren, jeweils abhängig von Größe und Umfang ihrer Daten und Anwendungen", heißt es von Seiten SAPs.

Damit kommen offenbar neben den Lizenzkosten auch Abogebühren für den Cloud-Service auf die Kunden zu. Demnach wird es für die Anwender, die von den von SAP avisierten Kostenvorteilen profitieren wollen, darauf ankommen, den Mehraufwand für die Software gegen Einsparungen in der eigenen Infrastruktur gegenzurechnen. Wie hoch die Abokosten für die HANA Enterprise Cloud sind, nach welchen Metriken sie sich genau richten und wie flexibel Kunden diese an veränderte Rahmenparameter anpassen könnten, ist derzeit noch nicht bekannt.

HANA-Cloud auch für Partner

SAP will die HANA Enterprise Cloud selbst in eigenen Rechenzentren betreiben. Darüber hinaus sollen auch Hosting-Partner die Managed Services anbieten können. Entsprechende Programme würden in den kommenden Wochen vorgestellt, kündigte Sikka an ohne jedoch konkret auf Bedingungen und Konditionen einzugehen. Aktuell arbeiteten bereits 60 Kunden an entsprechenden Projekten in der HANA Enterprise Cloud.

SAP habe rund zwei Jahre an der Technik für die HANA Enterprise Cloud gefeilt, sagte der Technik-Chef. Damit sei der Beweis erbracht, dass man nicht nur einfache Applikationen in die Wolke packen könne. Die Kunden erhalten dort eine dedizierte HANA-Instanz aus Speicher, Netz- und Rechenkapazität. Für die Verwaltung und Provisionierung hat sich SAP mit dem "Cloud Frame Monitor" eine eigene Management-Konsole gebaut. Damit sollen sich die Ressourcen flexibel je nach Kundenanforderung verteilen lassen. Beispielsweise könnten Sikka zufolge jeder Applikation dediziert eine bestimmte Zahl von Rechenkernen zugeordnet werden.

Die HANA Enterprise Cloud ist nicht die erste Cloud-Initiative in diesem Umfeld. Anwender konnten zuletzt bereits eine abgespeckte HANA-Variante über die Amazon Web Services nutzen. Das Angebot adressiert allerdings in erster Linie Entwicklungs- und Test-Szenarien. Auch SAP selbst bietet Entwicklern eine dedizierte HANA-Plattform als Entwicklungsumgebung in der Cloud. Eine komplette Systemumgebung aus HANA inklusive Applikationen, die zudem unternehmenskritische Anforderungen in Sachen Verfügbarkeit und Sicherheit erfüllen soll, ist jedoch neu. Sikka betonte im Rahmen der Ankündigung die Offenheit des Systems. Im Grunde könnten Anwender jede Applikation in die HANA-Cloud einklinken, solange branchenübliche Standards, was Schnittstellen betrifft, eingehalten würden. Auch ein Hybrid-Betrieb mit Cloud- und On-Premise-Anteilen sei grundsätzlich möglich.

Cloud vs Bring your own License (ByoL)

Foto: Adchariyaphoto - shutterstock.com

SAP tastet sich mit der HANA-Cloud sehr vorsichtig an das Business-Modell heran, schreibt Forrester-Analyst Stefan Ried in einem Blog-Beitrag. SAP verfolge dabei ein "Bring your own License"-Paradigma. Das sei gut für Kunden, die HANA bereits lizenziert hätten. Der Experte geht jedoch nicht davon aus, dass die Ankündigung für einen Run auf HANA im Markt sorgen wird. "HANA Cloud ist nicht Software as a Service (SaaS)", stellt Ried klar.

Als Managed-Service-Offerte könnte SAPs Angebot allerdings durchaus auf Interesse stoßen. Die Aussicht, sämtliche SAP-Applikationen mit HANA zu verknüpfen und die gesamte Komplexität einer solchen Umgebung an einen Service-Provider zu übertragen, dürfte dabei vor allem für Anwenderunternehmen interessant sein, die großflächig auf SAP in ihrer Anwendungslandschaft setzen.

Positiv bewertet Ried, dass SAP an technischen Limitierungen arbeitet, was die Verbindung von HANA und Cloud-Technik betrifft. Bis dato sei HANA restriktiv an bestimmte Hardware-Konstellationen gebunden gewesen. Virtualisierungs- und Pooling-Konzepte hätten hier noch nicht wirklich greifen können. Diesen Punkt scheine der Softwarehersteller nun mit einem speziellen Management-Layer, dem Cloud Frame Monitor zu adressieren.

Allerdings müsse SAP aufpassen, hier nicht mit einem zu proprietären Ansatz in eine Nische gedrängt zu werden. Viele Provider setzten für das Management ihrer Cloud-Infrastrukturen auf das Open-Source-Werkzeug "Openstack". SAP-Konkurrent Oracle habe beispielsweise erst vor kurzem den Cloud-Management-Experten Nimbula übernommen, dessen Tools auf Openstack basieren. (mhr)