Firmen suchen neue Wege, um Entlassungen zu vermeiden

Sabbatical: Die verordnete Auszeit

04.10.2001
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

„Wir möchten 300 Beratern für ein Sabbatical gewinnen. Melden sich nicht so viele, werden wir um die Alternative Personalabbau nicht herumkommen“, räumt Ulf Henning, Marketing-Leiter von Accenture ein. Welche Kostenreduktion sich Accenture davon verspricht, darf Henning nicht sagen. (Bei einem angenommenen Durchschnittsgehalt von 160 000 Mark im Jahr pro Berater könnte das Unternehmen hochgerechnet über 38 Millionen Mark sparen).

Noch gibt sich der Marketing-Leiter zuversichtlich, dass sich 300 Freiwillige finden, zumal vor allem erfahrene Mitarbeiter die Notlösung Sabbatical akzeptieren. „Jüngere Berater haben dagegen weniger Interesse und sind unsicher, weil sie zuerst einmal Berufserfahrung sammeln wollen.“ Wer einer Auszeit zustimmt, wird laut Henning keinen Nachteil bei der weiteren Karriereentwicklung haben. Allerdings bekommt er auch keine Bonuspunkte dafür, dass er in schlechteren Zeiten dem Unternehmen entgegengekommen ist.

Ein Sabbatical sei zwar auch bei Accenture mit einer Rückkehrgarantie verbunden, könne aber den Job nicht langfristig sichern. „Wenn in einem Jahr alle 300 Berater aus dem Sabbatical zurückkehren, sich die Auftragslage bis dahin aber nicht gebessert hat, haben wir ein Problem“, so Henning.

Auch Traditionsunterunternehmen wie Siemens benutzen mittlerweile Sabbaticals, um Kosten zu sparen. Im September startete der Elektrokonzern in seiner von der Handy-Flaute gezeichneten Mobilfunksparte ICM (Information and Communication Mobile) ein neues Pilotprojekt (siehe CW 36/01, Seite 11). Die Mitarbeiter können eine Auszeit von der Arbeit bei entsprechend geringerer Vergütung nehmen.

Das so genannte Timeout-Programm sollte Personalkosten verringern, ohne dass die in Boomzeiten teuer rekrutierten Mitarbeiter entlassen werden müssen. Von einem Sparprogramm kann laut Unternehmenssprecherin Sabine Metzner aber nicht die Rede sein: „Wir konnten vorher nicht wissen, wie viel Leute sich für ein Sabbatical entscheiden, deshalb war auch keine Kalkulation möglich.“

Bis jetzt nahm noch nicht einmal ein Prozent der Belegschaft das Angebot wahr. Nur 135 der insgesamt 14 500 Mitarbeiter fanden Gefallen an einer längerfristigen Auszeit, insbesondere Männer zwischen 31 und 40 Jahren. Die Zahlen verdeutlichen, dass für viele ältere Arbeitnehmer mit Familie, aber auch für Berufseinsteiger das Siemens-Programm in erster Linie eine Frage des Geldes ist. Bei drei Monaten Auszeit bekommt der Arbeitnehmer die Hälfte seines Bruttogehalts, ab einem halben Jahr 40 Prozent und bei einem Jahr nur noch 20 Prozent.