ERP-Zufriedenheitsstudie

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06.10.2005
Von Dr. Karsten

Kleinere und mittlere Unternehmen kritisieren bei ihren ERP-Lösungen im Wesentlichen dieselben Aspekte wie die Großen. Allerdings fällt die Kritik gerade bei kleineren Unternehmen in fast allen Punkten moderater aus als bei mittleren und großen Unternehmen. Hier schlägt sich offensichtlich der Umstand nieder, dass die ERP-Infrastruktur in dieser Zielgruppe in der Regel weniger komplex ausfällt.

Verschiedene Ziele

Wesentlich stärker als die Großen verfolgen kleine und mittlere Unternehmen mit der Einführung von ERP-Systemen das Ziel, die Effizienz und die Informationsversorgung in den (Kern-) Geschäftsprozessen zu verbessern. Größere Unternehmen stellen dagegen die Vereinheitlichung und Integration von Prozessen und ERP-Infrastruktur in den Vordergrund. Hier zeigt sich, dass im Mittelstand noch vielfach die originären Potenziale des ERP-Einsatzes auszuschöpfen sind. Größere Unternehmen, die meist bereits eine umfassende ERP-Infrastruktur in der zweiten oder gar dritten Generation betreiben, haben dieses Potenzial bereits in größerem Umfang ausgeschöpft und müssen angesichts des Zwangs zu Kostenreduzierung verstärkt ihren Fokus auf die Rationalisierung des IT-Betriebes selbst legen.

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung legen kleinere Unternehmen bei der Auswahl ihrer ERP-Lösung wesentlich mehr Wert auf die Mittelstandseignung und Praktikabilität sowie die Ergonomie des ERP-Systems als größere Firmen. Dabei spielt für die Kleineren die Kosten-Nutzen-Relation der ERP-Investition eine wesentlich größere Rolle als bei den größeren Unternehmen.

Problematische Einführung

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Bei der ERP-Einführung stehen kleine und mittlere Unternehmen vor den gleichen Problemen wie die Großen. Bei den kleineren Unternehmen fällt allerdings die Herausforderung der Datenaufbereitung und -migration noch weitaus stärker ins Gewicht (51,8 Prozent der Nennungen gegenüber 42,8 Prozent bei den mittleren und 41, 5 Prozent bei den größeren Unternehmen). Das ist in vielen Fällen darauf zurückzuführen, dass kleinere Unternehmen sehr viel mehr Vorarbeit leisten müssen, bevor erstmals eine umfassendere ERP-Lösung eingesetzt werden kann. Sie müssen sich vom bewährten Karteikasten oder von einer Vielzahl von Listen, Auswertungen und Übersichten verabschieden, die sie bis dato in Excel und vergleichbaren Werkzeugen geführt haben.

Die „Mittelstandseignung“ der ERP-Lösungen wird insgesamt recht gut bewertet (Durchschnitt: 4,17). Dabei schneiden neben der Anlagenbau-Lösung SIVAS (Schrempp EDV) Fepa (Planat) und GODYO/P4 (GODYO AG) mit gut 0,5 Notenstufen über dem Durchschnitt besonders gut ab. Dagegen finden sich die Lösungen für die größeren Unternehmen im hinteren Bereich der Rangliste. Der Marktführer SAP gibt dabei mit -0,99 Notenstufen das schlechteste Bild. Offenbar handelt es sich hier aber zumindest zum Teil auch um ein Imageproblem, da kleinere Unternehmen mit SAP insgesamt durchaus nicht unzufrieden sind.

Bei der „Benutzerführung“ beziehungsweise „Ergonomie“ der ERP-Lösungen, die mit einem Durchschnitt von 3,73 insgesamt schlechter beurteilt wird, schneiden ISSOS PRO (APS delta GmbH), SQL-Business (Nissen & Velten GmbH), JobDISPO ERP (Fauser AG) und wiederum SIVAS am besten ab. Vor allem ältere ERP-Lösungen kommen in dieser Kategorie schlechter weg. Das zeigt, dass moderne Software- Technologie durchaus konkreten Nutzen für den Anwender bringt.

Bekanntere Mittelstandslösungen, wie Sage Classic Line und Office Line, Microsoft Business Solutions Navision, proAlpha, abas Business Software, b2, PSipenta oder infor COM, positionieren sich hier insgesamt solide im Bereich des Mittelwertes.

Die Zufriedenheitsstudie zeigt damit erneut, dass gerade der Mittelstand bei der ERP-Investitionen die Qual der Wahl hat. Angesichts der Aufwände für die ERP-Einführung und der langfristigen Nutzungsdauer von ERP-Lösungen lohnt es sich dabei offensichtlich, sich mit den verschiedenen Kandidaten intensiver auseinander zu setzen. (uk)

Der Autor Dr. Karsten Sontow ist Vorstand der Trovarit AG und Leiter der ERP-Zufriedenheitsstudie Deutschland 2005.