Unter die Lupe genommen

Oracle VM versus VMware ESX Server

18.06.2008
Von Björn Bröhl
Ende vergangenen Jahres präsentierte Oracle erstmals seine Virtualisierungslösung "Oracle VM". Ein Vergleich der ersten offiziellen Version mit der Konkurrenztechnik von VMware bringt noch einige Kinderkrankheiten zutage.

Der Server von Oracle VM basiert auf dem Open-Source-Produkt "Xen", lediglich die Management-Oberfläche ist eine Eigenentwicklung von Oracle und damit Closed Source. Das gesamte Paket darf aber kostenlos heruntergeladen und produktiv genutzt werden. Möchte man jedoch Support von Oracle, muss dieser kostenpflichtig (999 Dollar pro System jährlich) erworben werden. Der ESX-Server von VMware ist kein freies Produkt und deshalb lizenzpflichtig (ab 1540 Dollar pro Jahr für Lizenz und Support). Kostenlos ist lediglich eine 30 Tage gültige Testversion.

Installation

VMware Infrastructure Client, hier ein Fat Client unter Windows.
VMware Infrastructure Client, hier ein Fat Client unter Windows.
Foto: Opitz

Die Installation der Server verläuft bei beiden Systemen weitgehend identisch. Jeder bringt sein eigenes Betriebssystem mit, das von einer Boot-fähigen CD mit wenigen Klicks installiert ist. Bei den Management-Oberflächen gibt es jedoch unterschiedliche Ansätze. Oracle benötigt die kostenfreie 10g-XE-Datenbank zur Speicherung des Repository und einen kleinen Application Server, der eine Apex-Anwendung (Apex ist eine HTML-basierende Entwicklungsumgebung von Oracle) bereitstellt, über die das System per Web-Browser administriert werden kann. VMware hingegen braucht die Installation des Virtual Infrastructure Client (Fat Client) unter Windows oder alternativ die Verwendung eines Web-Frontends.

Während Oracle VM auf dem Open-Source-Produkt Xen basiert, ist die hier abgebildete und über einen Browser bedienbare Verwaltungskonsole VM Manager eine Eigenentwicklung von Oracle.
Während Oracle VM auf dem Open-Source-Produkt Xen basiert, ist die hier abgebildete und über einen Browser bedienbare Verwaltungskonsole VM Manager eine Eigenentwicklung von Oracle.

Zur Installation eines Gastsystems muss entweder ein fertiges Template oder ein ISO-Image auf den Server kopiert werden. Ein kleiner Vorteil des VMware Infrastructure Client ist die Möglichkeit, dass die Installation einer Software in einer virtuellen Maschine auch über das CD-ROM-Laufwerk am Client-PC erfolgen kann. Das Erstellen von ISO-Images und manuelles Kopieren entfallen also. Bei Oracle hingegen ist ein ISO-Image nötig, das auf den Media-Pool-Server von Oracle VM kopiert werden muss, erst dann lässt sich die Software in die VM einbauen. Die Bereitstellung der Daten für eine paravirtualisierte Installation ist unter Oracle VM auf einem HTTP-, FTP- oder NFS-Share möglich.

Ein gewisses Problem bei Oracle birgt auch die Systemanmeldung. Oracle VM benutzt eine Web-basierende Oberfläche, um die virtuellen Maschinen anzuzeigen. Hier muss sich der Benutzer zunächst gegenüber der Web-Oberfläche authentifizieren. Will er auf eine virtuelle Maschine zugreifen, wird eine VNC-Verbindung (Virtual Network Computing) zum Server hergestellt, die ebenfalls mit Benutzername und Passwort geschützt ist. Während dieses etwa fünf bis zehn Sekunden dauernden Anmeldevorgangs hat der virtuelle Server aber bereits zu booten begonnen, so dass es nicht möglich ist, zum Beispiel bei einem Windows-Start "F8" zu drücken, um das Gastsystem in einem abgesicherten Modus zu starten.

Der Infrastructure Client verwendet dagegen eine eigene Oberfläche und ein eigenes Protokoll zur Administration eines VMware Servers und dessen virtueller Maschinen. Hier ist nur eine einmalige Authentifizierung gegenüber dem Server notwendig, die auch für alle virtuellen Maschinen gilt. Sobald eine VM angeklickt wird, erscheinen sofort deren Informationen auf dem Bildschirm, mit denen dann gearbeitet werden kann. Ferner kann man bei VMware in das BIOS des Gastsystems gelangen und dort zum Beispiel die Boot-Reihenfolge verändern. Andererseits hat die Oracle-Lösung den Vorteil, dass sich auf sehr einfache Weise beliebigen Anwendern ein Zugang zur Konsole bereitstellen lässt, da diese keine Client-Software benötigen, um die Maschine zu verwalten.