Freitag ist der Tag, an dem alle, auch die Berater, im Büro sind. Am Freitag können sich in der Münchner IT-Beratung MaibornWolff die Mitglieder der 15 internen Communities auch von Angesicht zu Angesicht austauschen. Für IT-Architekt Robert Schmitz ein wichtiger Tag. Zum einen, weil das Engagement in kleinen, überschaubaren Gruppen jenseits des Projektgeschäfts einen wichtigen Ankerpunkt in einem Unternehmen schafft, das in den vergangenen Jahren seine Mitarbeiterzahl auf mehr als 380 verdoppelt hat. Zum anderen, weil sich "in den Communities Gleichgesinnte treffen", so Schmitz, "die sich für ein Thema wie Virtual Reality oder Blockchain interessieren und anfangs vor allem ihrem Spieltrieb folgen. Dabei werden wir nicht durch Zielvorgaben eingeengt."
Prototypen zum Anfassen
Konkret heißt das: Die Mitarbeiter können sich in den Communities so lange mit einem Thema auseinandersetzen, wie sie wollen. Sie bekommen Zeit und Geld, um Neues auszuprobieren. Scheitern ist erlaubt beziehungsweise wird nicht als solches betrachtet, denn das Ergebnis, dass beispielsweise eine neue Programmiersprache noch nicht reif für den Einsatz im Kundenprojekt ist, ist eine wegweisende Erkenntnis.
Christian Langenmair beschäftigte sich wie sein Kollege Schmitz mit Virtual und Augmented Reality zunächst nur innerhalb der Community. Sie trafen sich im kleinen Kreis, auch privat, bastelten Prototypen, gewannen damit bei einem VR-Wettbewerb den zweiten Preis, beantragten dann Budget für Equipment und weitere Forschungen: "Unser Entwicklungsprogramm regt uns dazu an, einfach Dinge auszuprobieren. Wir bauen gern Prototypen, um den Kunden Technologie zum Anfassen zu geben und zu zeigen: Wir können es", sagt Langenmair, mittlerweile stellvertretender Leiter des Geschäftsbereichs Mobile Engineering, der aus dem Engagement der Community entstand.
Langenmair und seine Mitstreiter haben inzwischen auch die Geschäftsführer in einer Schulung "befähigt, das Thema Virtual und Augmented Reality beim Kunden zu platzieren". Als probates Mittel, um die Klientel für neue Technologien zu gewinnen, haben Robert Schmitz und seine Kollegen außerdem Kreativ-Workshops entwickelt, in denen potenzielle Kunden unter Anleitung kleinere Anwendungen programmieren dürfen. "Zeigen wir darin, was mit Virtual Reality alles möglich ist, erkennen viele Kunden, die ja um ihre bestehenden Probleme am besten Bescheid wissen, die möglichen Anwendungsfälle von selbst", resümiert Schmitz.
Die Virtual-Reality-Community ist nicht die einzige, aus der bei MaibornWolff ein Geschäftsbereich entstand. DevOps und Cloud Native ist ein weiteres Beispiel. Matthias Thubauville, IT-Architekt Cloud, hat die Gründung seines Bereichs als "sehr unkompliziert empfunden, auch das Forschungsbudget für die Communities hilft wirklich, um neue Themen voranzutreiben".
Aufklärer in Sachen Cloud und Blockchain
Für Marcel Gehlen, frischgebackener Bereichsleiter DevOps und Cloud Native, ist klar, dass es ohne den DevOps-Ansatz nicht geht, will man Anwendungen aus der Cloud betreiben: "Auch wenn diese Erkenntnis bei den Kunden da ist, sind wir als Aufklärer gefragt - etwa darüber, dass die Cloud kein Allheilmittel ist oder dass Cloud-Anwendungen anders geschrieben werden müssen als klassische Anwendungen." Da das Thema DevOps mittlerweile relativ etabliert ist, kämen Kunden von selbst auf Gehlen und seine Kollegen zu, wenn sie ihre Bug Fixes oder neue Features schneller zu ihren Nutzern bringen möchten.
- Blockchain
Blockchain wird in den kommenden Jahren zur Schlüsseltechnologie in der IT werden. - (1) Transaktion
Die Transaktion ist die elementare Grundeinheit der Blockchain. Zwei Parteien tauschen Informationen miteinander aus. Dies kann der Transfer von Geld oder Vermögenswerten, der Abschluss eines Vertrags, eine Krankenakte oder eine Urkunde sein, die digital gespeichert wurde. Transaktionen funktionieren im Prinzip wie das Versenden von E-Mails. - (2) Verifizierung
Die Verifizierung prüft, ob eine Partei die entsprechenden Rechte für die Transaktion hat. Die Prüfung erfolgt augenblicklich oder es wird in eine Warteschlange geschrieben, die die Prüfung später durchführt. An dieser Stelle werden Knoten, also Computer oder Server im Netzwerk, eingebunden und die Transaktion verifiziert. - (3) Struktur
Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, wobei diese mit einer Hash-Funktion als Bit-Nummer verschlüsselt werden. Die Blöcke können durch die Zuweisung des Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden. Ein Block enthält einen Header, eine Referenz auf den vorhergehenden Block und eine Gruppe von Transaktionen. Die Abfolge der verlinkten Hashes erzeugt eine sichere und unabhängige Kette. - (4) Validierung
Bevor die Blöcke erzeugt werden, müssen die Informationen validiert werden. Das am meisten verbreitete Konzept für die Validierung von Open-Source-Blockchains ist das „Proof of Work“-Prinzip. Dieses Verfahren stellt in der Regel die Lösung einer schweren mathematischen Aufgabe durch den Nutzer beziehungsweise dessen Computer dar. - (5) Blockchain Mining
Der Begriff Mining stammt aus der Bergbau und meint das „Schürfen“. Bei diesem Vorgang wird der Block erzeugt und gehasht. Um zum Zug zu kommen, müssen die Miner ein mathematisches Rätsel lösen. Wer als Erstes die Lösung hat, wird als Miner akzeptiert. Der Miner erhält für seine Arbeit ein Honorar in Form von Kryptowährung (Bitcoin). - (6) Die Kette
Nachdem die Blöcke validiert wurden und der Miner seine Arbeit verrichtet hat, werden die Kopien der Blöcke im Netzwerk an die Knoten verteilt. Jeder Knoten fügt den Block an der Kette in unveränderlicher und unmanipulierbarer Weise an. - (7) Verteidigung
Wenn ein unehrlicher Miner versucht, einen Block in der Kette zu ändern, so werden auch die Hash-Werte des Blockes und der nachfolgenden Blöcke geändert. Die anderen Knoten werden diese Manipulation erkennen und den Block von der Hauptkette ausschließen.
Eine ganz andere Ausgangslage fand dagegen Dirk Röder vor, als er und einige wenige begannen, sich in ihrer Community mit Blockchain und Bitcoins zu befassen. Bei der Cryptowährung dachten viele an illegale Geldgeschäfte. Die Blockchain-Technologie ist ein "sperriges Thema", wie selbst Blockchain-Evangelist Röder einräumt. Er ist mittlerweile oft auf Konferenzen unterwegs, um über Blockchain und mögliche Anwendungsfälle aufzuklären. Das größte Aha-Erlebnis rief Röder aber hervor, als er mit den CIOs Karten spielte. Die Karten und Regeln dafür hatten er und sein Team selbst entworfen, um sich der Blockchain-Technologie spielerisch zu nähern und sie so zu erklären. Nach dem Spiel hatten alle IT-Manager verstanden, worum es geht.
"Hier darf ich selber denken"
Röder schätzt diese Offenheit, mit der er sich jenseits des eigentlichen Projektgeschäfts an neue Themen und Methoden herantasten kann, umso mehr, als er früher unter anderen Bedingungen gearbeitet hat: "Ich habe noch kein Unternehmen erlebt, das - wie MaibornWolff - den Mitarbeitern nicht nur den Freiraum gibt, um die Ecke zu denken, sondern auch ein Umfeld schafft, das anregt, um die Ecke zu denken. Hier darf ich selber denken."
Engagement und Austausch in Communities über Abteilungsgrenzen schützen auch vor Betriebsblindheit, darin sind sich alle fünf IT-Experten einig. Zudem räumen die Communities ihren Mitgliedern viel Spielraum ein, sagt Cloud-Architekt Thubauville: "Das Schöne an den Communities ist auch, dass der Grad des Engagements so unterschiedlich ausgeprägt sein darf. Natürlich gibt es einen harten Kern, aber einige kommen auch nur unregelmäßig. Jeder will sein Wissen teilen. Stellt man eine Frage über den Chat, bekommt man binnen weniger Stunden eine Antwort."