Mendix 10

Major Release der Low-Code-Plattform vorgestellt

28.06.2023
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mit Mendix 10 hat die Siemens-Tochter das neueste Major Release seiner Low-Code-Entwicklungsplattform vorgestellt. Im Fokus stehen insbesondere KI-Unterstützung, Developer Experience und Composability.
Mit Mendix 10 rückt die Low-Code-Entwicklung noch stärker in den Mittelpunkt.
Mit Mendix 10 rückt die Low-Code-Entwicklung noch stärker in den Mittelpunkt.
Foto: Postmodern Studio - shutterstock.com

Chief Product Officer Hans de Visser beschreibt Mendix 10 im CW-Gespräch als eine Weiterentwicklung der vorangegangenen Releases, wobei man hier auf eine sehr starke Grundlage aufbaue. Zentrales Thema des Updates der Low-Code-Plattform sei dabei das Composable Enterprise, also die Möglichkeit für Unternehmen, bestehende IT-Assets zu verwenden und mit neuen, selbst definierten Diensten zu mischen. Ziel seien also quasi maßgeschneiderte Bausteine, die sie definieren und so für bestimmte Nutzergruppen eine bekannte Erfahrung schaffen können, erklärt der Mendix-CPO.

Mendix 10: Die neuen Funktionen im Überblick

Darüber hinaus enthält Mendix 10 natürlich noch viele weitere leistungsstarke und innovative Funktionen, darunter die neuesten KI- und Machine-Learning-Features, neue Tools zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Fachabteilungen und IT, eine optimierte Developer Experience, eine Erweiterung der Optionen für die Cloud-Bereitstellung und einen modernen Ansatz für Governance und Kontrolle. Hier ein Überblick über die Neuerungen in den einzelnen Bereichen:

1. Continuous Collaboration

"Wir fokussieren uns stark darauf, dass sich verschiedene Beteiligte aktiv an der Softwareentwicklung beteiligen können", erklärt de Visser. Nicht unbedingt durch Programmieren, sondern indem auch Product Owner, Programm Manager oder Portfolio Manager, die verantwortlich für das Vorantreiben der digitalen Agenda sind, Zugang zu den Tools der Plattform erhalten. Auf diese Weise könnten sie etwa das Portfolio festlegen, Prioritäten setzen, den Nutzen einer solchen Initiative bewerten und vieles mehr.

Der Portfolio Manager in Mendix 10 soll Business Stakeholdern und Entwicklungsorganisationen eine bessere Zusammenarbeit und Planung ermöglichen
Der Portfolio Manager in Mendix 10 soll Business Stakeholdern und Entwicklungsorganisationen eine bessere Zusammenarbeit und Planung ermöglichen
Foto: Mendix

Traditionelle Entwicklerteams oder moderne Fusion-Teams, die aus Entwicklern und Fachabteilungen bestehen, können wiederum mit Mendix Epics Anforderungen verwalten, den Fortschritt verfolgen und sich an agilen Methoden orientieren.

Teams, die ihre bereits getätigten Investitionen in Jira nutzen wollen, seien in der Lage, mit dem neuen Jira-Konnektor Fortschritt und Versionen von Stories direkt von Mendix aus verfolgen. Außerdem ermöglicht Mendix 10 es über die Funktion App Insights, Mini-Umfragen zu starten, um Feedback und Vorschlägen für neue Features von den Endbenutzern einzusammeln.

2. Developer-Experience

Die Entwickler-Erfahrung ist laut de Visser der Bereich, in dem Mendix den größten Teil seiner Bemühungen investiert habe. Da viele Entwickler als Tagesjob sechs bis acht Stunden in Studio Pro verbringen, sei Mendix bestrebt, ihnen diese Erfahrung so angenehm wie möglich zu gestalten, erklärt er.

Eine der Funktionen, die Mendix hinzugefügt habe, ist zum Beispiel das Starten von einer Tabellenkalkulation aus: Entwickler können ein Spreadsheet mit dem Grundgerüst einer Anwendung inklusive Daten und vielleicht sogar etwas Logik in Form von Makros oder ähnlichem in Studio Pro hochladen, woraufhin es die Tabellen, Seiten et cetera generiert. Außerdem sei nun Dark Mode allgemein verfügbar ist, in diesem Zusammenhang habe man auch das gesamte Erscheinungsbild optimiert, um den richtigen Kontrast zu schaffen.

3. Erweiterte KI- und ML-Unterstützung

Die Siemens-Tochter hatte bereits in Mendix 9 mit Mendix Assist eine Reihe von Bots eingeführt. Dazu zählt laut de Visser ein Logik-Bot, den Mendix fortlaufend optimiere, um Entwicklern Empfehlungen für eine nächste Aktion, die Sie zu Ihrem Logikfluss hinzufügen könnten, zu geben - einschließlich der Vorparametrisierung dieser Aktionen.

Ein anderer Bot hilft dabei, Leistungsmusteranomalien zu erkennen und Vorschläge zur Leistungsoptimierung auf Basis von Best Practices zu machen - dieser überprüft nun auch, ob die Sicherheitseinstellungen für die Anwendung vollständig sind. In Mendix 10 kommt zusätzlich ein Bot zur Datenvalidierung hinzu.

Wie de Visser erklärt, ist für Mendix natürlich auch Generative AI ein Thema. Als ersten Schritt in diese Richtung werde später im Jahr eine Chat-Schnittstelle in Studio Pro integriert. Mendix Chat ist auf Mendix-spezifische Expertise aus Dokumentation, Foren und Support trainiert und soll Entwicklern eine natürlichsprachliche Eingabeaufforderung bieten, um Fragen zu bestimmten Konzepten zu stellen.

Mendix Chat bietet kontextbezogene Chat-Funktionen, die Entwickler für Ratschläge und Fehlerbehebung nutzen können .
Mendix Chat bietet kontextbezogene Chat-Funktionen, die Entwickler für Ratschläge und Fehlerbehebung nutzen können .
Foto: Mendix

Als nächsten logischen Schritt soll es dann Anfang nächsten Jahres die ersten Beta-Programme für die Generierung von Anwendungselementen mit KI geben. "Sie haben zum Beispiel einen Prompt zur Konfiguration Ihres Domänenmodells oder können sagen 'Ich möchte diese und jene Entitäten mit diesen Attributen dieser Typen einführen' und dieses bestimmte Domänenmodell wird automatisch für Sie erstellt, anstatt dass Sie aufzeichnen müssen", erklärt de Visser. Zum Einsatz kommt dabei ein Open-Source-basiertes großes Sprachmodell (LLM - Large Language Model).

Der andere Bereich, in dem Mendix in KI/ML investiert, ist für Entwickler gedacht, die mit KI-Diensten und Machine-Learning-Modellen arbeiten, um "intelligente Apps" zu entwickeln: Das neue ML-Kit ermöglicht es Entwicklern ein ML-Modell, das mit gängigen ML-Frameworks erstellt wurde, in der Mendix Runtime einzusetzen. Dabei können Modelle, die mit verschiedenen Frameworks - von scikit-learn über PyTorch bis hin zu TensorFlow - trainiert wurden, in Open Neural Network Exchange (ONNX), einem offenen Standard für Machine-Learning-Modelle, konvertiert und dann direkt in Mendix-Apps integriert werden.

4. Composability

Die Neuerungen im bereits erwähnten Bereich Composability beziehen sich laut de Visser zum einen auf die Integration von bereits in der IT-Landschaft vorhandenen Assets - und die Möglichkeit, diese mit Diensten verbinden, die auf Hyperscalern laufen. Dazu arbeite Mendix zum Beispiel sowohl mit AWS als auch mit SAP zusammen, um im On-Premises-ERP vorgenommene Anpassungen mit S/4HANA in die Cloud zu übertragen.

Diese Integrationsmöglichkeiten laufen unter dem Label Mendix Connect in Studio Pro und umfassen im Grunde einen Katalog mit allen Daten-APIs, die Entwickler bei der Erstellung von Mendix-Anwendungen nutzen können. Neu dabei ist auch ein komplett überarbeiteter Rest-Connector sowie ein komplett überarbeiteter Datenbank-Connector.

Außerdem führt Mendix Business Events in die Plattform ein. Mit dem Kafka-basierten Event Broker können Entwickler Ereignisse definieren und entsprechende Reaktionen darauf modellieren. Dies sei sehr praktisch für Workflow-Anwendungen, aber auch für die Kommunikation von System zu System, etwa, wenn eine größere Anwendung erstellt wird, erklärt de Visser.

Generell rate Mendix immer dazu, eine größere Anwendung in mehrere unabhängige Komponenten oder Microservices aufzuteilen. Die Kommunikation zwischen diesen Services könne dann grundsätzlich auf der Grundlage von Geschäftsereignissen definiert werden, wodurch asynchrone Kommunikationsmuster für lokale Entwickler leichter verständlich und zugänglich würden.

5. Multi-Cloud

Gartner schätzt, dass bis 2025 Cloud-native Plattformen als Grundlage für mehr als 95 Prozent der neuen digitalen Initiativen dienen werden. Um sicherzustellen, dass Unternehmen den Wert von Cloud-basierten Anwendungsarchitekturen realisieren können, bietet ihnen Mendix 10 zahlreiche Funktionen. Dazu zählt unter anderem eine robuste Implementierung von Webhooks, die DevOps-Experten eine Integration in bestehende CI/CD-Pipelines ermöglicht.

Für Unternehmen, die einen Low-Code-Ansatz für CI/CD suchen, wird außerdem Mendix Pipelines Ende des Jahres als Beta-Version eingeführt. Ebenfalls noch in diesem Jahr wird die Self-Service-Verwaltung von Cloud-Ressourcen und die regionsübergreifende Cloud-Ausfallsicherung für Anwendungen eingeführt, die auf der Mendix Cloud bereitgestellt werden, die bald auf sechs Kontinenten verfügbar sein wird.

Kunden, die in AWS investiert haben, stellt Mendix 10 zahlreiche zusätzliche Funktionen zur Verfügung. So bietet das neue Release Private-Cloud-Kunden eine Referenzimplementierung und ein dazugehöriges Terraform-Modul, um eine einfache Konfiguration von Amazon Elastic Kubernetes Service (EKS) Kubernetes-Clustern zu ermöglichen. Dies automatisiert die Bereitstellung von über 95 AWS-Diensten und reduziert die Einrichtungszeit von 40 Stunden auf 30 Minuten.

Mit Mendix 10 führt die Siemens-Tochter außerdem die Private Mendix Platform ein. Diese befindet sich derzeit in der Beta-Phase und soll die besonderen Bedürfnisse von Kunden adressieren, die die Geschwindigkeit und Agilität der Mendix-Plattform nutzen wollen, aber Richtlinien oder Vorschriften für vollständig selbst kontrollierte Umgebungen einhalten müssen. Die Private Mendix Platform ist dazu bereits mit Plattformdiensten und Konnektoren für gängige Software Development Lifecycle Tools (wie Versionskontrolle und CI/CD) ausgestattet.

6. Governance & Control

In Mendix 10 wurde auch die Governance neu konzipiert, um komponierbare Architekturen und größere Portfolios von bereitgestellten Anwendungen besser zu unterstützen. Erweiterte Mitglieder von Mendix-Entwicklungsteams - wie Compliance-Beauftragte, CISOs und IT-Führungskräfte - profitierten dabei von den erheblichen Investitionen in Governance auf Plattform- und Portfolio-Ebene, verspricht die Company.

So können Unternehmen nun mit der Funktion "Bring your own IdP" bestehende Identity Provider für die Zugriffskontrolle auf Mendix-Entwicklungsumgebungen nutzen. Die neue Funktion Landscape Overview adressiert zudem das operative Risikomanagement für Unternehmen.

Diese Übersicht gibt den Portfolio-Eigentümern einen Überblick über ihr Portfolio, komplett mit Metriken zum Zustand der Anwendungen, wie CPU-Auslastung oder Netzwerkkonnektivität. Eine begleitende Funktion im Bereich Dependency Governance befasst sich mit dem Sicherheitsrisikomanagement durch eine genaue Bestandsaufnahme der freigegebenen Softwarekomponenten.