"Erst der Umstieg beim Messaging machte das Projekt rentabel"

Maico mailt auf Linux-Basis

20.05.2005
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.

Die relativ geringen Einsparungen bei den Betriebssystemlizenzen wären durch das notwendige Training wieder wettgemacht worden. An Hardware und Beratung konnte ebenfalls nicht gespart werden. Im Zentrum der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung stand somit die Mail- und Kalenderlösung: "Bei Groupware fallen hohe Lizenzkosten an. Deswegen bestehen gerade hier auch große Einsparpotenziale", erläutert Bantle und erklärt damit, warum diese Anwendung eine so zentrale Stelle in den Überlegungen einnahm. Als Unternehmen mit einer kleinen IT-Abteilung ist Maico auf die Hilfe von Dienstleistern angewiesen. Hier pflegt das Unternehmen seit langem enge Partnerschaften, unter anderem zu IBM. Da die neue Hardware von IBM bezogen werden sollte, wandte sich Bantle auch wegen der Messaging-Lösung an Big Blue. 3

Gemeinsam mit dem Partner evaluierte Maico mehrere Linux-basierende Systeme, die von IBM und deren Partnern vertrieben werden. Schließlich entschied sich das Unternehmen für das Produkt "Scalix" des gleichnamigen Herstellers - obwohl die Software erst seit kurzem in Deutschland verfügbar ist. Ausschlaggebend war laut Bantle, dass Scalix eine weit gehend automatische Migration der bestehenden Anwenderdaten von Exchange auf die neue Plattform möglich machte: "Bei den anderen Lösungen, die wir evaluiert haben, wäre für den Umzug viel Handarbeit notwendig gewesen." Auch hatte der IT-Chef kaum Bedenken, eine wenig bekannte Software ins Haus zu holen - obwohl E-Mail im Unternehmen geschäftskritisch ist. Scalix basiere schließlich auf dem bewährten HP Openmail, so Bantle.

Training für die Admins

Allerdings fiel den Administratoren der Umstieg von Exchange und Windows auf Scalix unter Linux nicht ganz leicht: Die zu Beginn eingeführte Version 8.0 der Messaging-Lösung musste komplett über eine Konsole verwaltet werden, grafische Administrationswerkzeuge gab es nicht. "Wir mussten die IT-Mitarbeiter zwei Tage auf Schulung schicken", so Bantle. Ebenfalls seien einige Tage Training für den Umgang mit Linux notwendig gewesen. Inzwischen wurde die Messaging-Software auf Versionsstand 9.1 gebracht - hier lassen sich bereits die wichtigsten Administrationsaufgaben in einer Browser-basierenden grafischen Oberfläche erledigen.

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Auch andere, allerdings kleinere Probleme gab es mit der damaligen Scalix-Version. So war etwa der 9.0-Release noch nicht vollständig an den deutschen Markt angepasst: Benutzerordner durften zum Beispiel keine Umlaute enthalten. Auch die Menüs, die die Anwender anstelle der gewohnten Exchange-Menüs sahen, waren nicht immer aus dem Englischen übersetzt. Doch diese Mankos konnten durch das Update ebenfalls behoben werden.

Unterm Strich ist Bantle mit der Lösung hoch zufrieden: "In Verbindung mit Outlook-Clients bemerkten die Benutzer fast nichts davon, als der Exchange-Server weg war und das neue System produktiv ging." Die Linux-Server und die Messaging-Plattform laufen stabil. Zudem seien allein die Lizenzkosten um rund 30 Prozent geringer als bei den marktführenden Produkten.

Da Maico viele Kunden im Nachtsprung beliefert und damit nur geringe Zeitpuffer vorhanden sind, ist die E-Mail-Plattform als eine wichtige Kommunikationsdrehscheibe unternehmenskritisch. Durch eine Umfrage in den Fachabteilungen ermittelte der IT-Leiter, dass die Groupware maximal vier Stunden lang nicht verfügbar sein dürfe, um Schaden für Maico zu vermeiden. Deswegen peilte der Lüftungshersteller eine möglichst hohe Verfügbarkeit an: Im Laufe des Jahres ist daher vorgesehen, Scalix - wie die meisten Netzwerkdienste des Unternehmens - auf zwei Blade-Centern von IBM betreiben zu können. Mit Hilfe einer SAN (Storage Area Network)-Architektur kann beim Ausfall eines Servers ein anderer Server die Datenplatten und Dienste übernehmen. Auch die neuen i/5-Server sind redundant vorhanden.

Insgesamt verlief das Projekt aus Bantles Sicht erfolgreich: "Sicher wäre ein sukzessiver Roll-out wesentlich entspannter gewesen. Aber unsere veraltete Hardware, der auslaufende NT-4-Support und das strategische Ziel, eine bessere Verfügbarkeit der Systeme zu erreichen, ließen uns hier kaum eine andere Wahl." Durch die Einsparungen bei den Groupware-Lizenzen werde sich das Projekt mittelfristig rechnen.

Stressig, aber erfolgreich

Auch weiterhin wird Maico Windows-Rechner einsetzen und einführen. Die Entscheidung für Linux fiel aus rein pragmatischen und wirtschaftlichen Gründen. Dennoch gehört Linux nun zu den gesetzten Betriebssystemen: "Wir werden auf jeden Fall auch Linux-Desktops prüfen", so der DV-Leiter. Allerdings rechnet er dabei mit Widerständen der Anwender. Diese seien Windows gewöhnt. Bei der Einführung eines neuen Betriebssystems an den Clients müssten also die Mehrwerte für die Benutzer ganz klar erkennbar sein. Hier ist Bantle noch skeptisch. (uk)

Jan Schulze, freier Journalist in Erding bei München.