Selbst die besten Anwendungen helfen oft nicht weiter

Lernen an der Maschine ist öde

24.01.2002
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.

Und vor allem geht es darum, zu erkennen, dass nicht für jeden Teilnehmer die gleiche Methode funktioniert.

Ihm: Der neue Begriff, den ich in den USA vernommen habe, lautet C-Learning , wobei das C für Classroom steht. Über Blended Learning kommen die US-Anbieter dazu, wieder mehr Präsenzschulung in althergebrachter Form anzubieten. Das Interessante dabei: Die Zahl der Kurse mit klassischen Unterrrichtsmethoden nimmt wieder zu, diese Seminaranbieter erleben einen Boom.

CW: Eigentlich sollte es den E-Learning-Anbietern nicht schlecht gehen. In der Krise müssen alle Unternehmen sparen, als Folge ließe sich doch die Weiterbildung online praktizieren, also ohne Reise- ohne Hotel- und Trainerkosten.

Dierk: Wir stehen vor folgender Schwierigkeit: Der Online-Weiterbildungsmarkt wird von den Technologie-Anbietern, etwa den Lernplattformherstellern, getrieben. Wir erleben hier eine Entwicklung, wie wir sie beispielsweise schon vor 20 Jahren mit der Bürokommunikation erlebt haben. Sie wurde anfangs sehr stark durch die Technologie beeinflusst, und es hat lange gedauert, bis diese in den Hintergrund gedrängt wurde und die Anwendungen sich durchsetzten. Wir haben heute eine ähnliche Entwicklung: Die Learning-Management-System- (LMS-) Firmen besetzen den E-Learning-Begriff, obwohl sie keine Inhalte anbieten. Sie verwalten und verteilen nur. Aber solange gute Anwendungen fehlen, wird sich E-Learning nicht durchsetzen. Wenn aber die guten Anwendungen fehlen, kriege ich auch die Leute nicht dazu, elektronisch zu lernen.

CW: Verschiebt sich also der vielfach prophezeite E-Learning-Boom?

Dierk: Wenn man sich den Markt anschaut, stellt man sowohl einen Ausleseprozess bei den LMS- als auch bei den Content-Anbietern fest. Letztere haben das Problem, dass sie sehr viel investieren müssen, um Inhalte Webfähig zu machen. Es ist davon die Rede, dass eine Stunde E-Learning ungefähr 140 000 Dollar kostet. Das bedeutet, dass nur kapitalstarke Unternehmen in der Lage sind, in Mengen Inhalte zu produzieren. Die Plattformentwickler müssen damit rechnen, dass ERP-Anbieter LMS-Funktionen in ihre Systeme integrieren. Die Wertschöpfung durch ein E-Learning-System liegt nicht im LMS, sie liegt in der Distribution und im Content.