Kein Königsweg durch den Mobile-Dschungel

05.09.2002
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Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.

Eine weitere Grundsatzfrage ist die nach der Flexibilität einer mobilen Plattform. Anwender von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware beispielsweise könnten durchaus bei ihren Hauslieferanten SAP oder Siebel bleiben und müssten keine offene Middleware implementieren. Denn die großen Hersteller bieten längst die Anbindung von mobilen Endgeräten in Form von Lösungen wie „Mysap Mobile Business“ oder „Siebel 7 Mobile Solutions“.

Die Praxistauglichkeit dieser herstellerspezifischen Ansätze stellt Wolf Kunert, Director Marketing und Sales bei Winlinx, allerdings in Frage. Das Unternehmen, das unter anderem die Weltwirtschaftsgipfel in Davos und New York mit WLAN-Handhelds (WLAN = drahtloses Funknetz) ausgestattet hat, implementiert individuelle Lösungen, die auf unterschiedliche Anforderungen zugeschnitten sind.

Anwender wollen Individualität

„Die optimale Mobile-Anwendung muss on- und offline laufen, beliebig anpassbar und für jedes User-Interface optimierbar sein“, so Kunert. „Diesen Spagat hat aber noch keiner geschafft.“ Es fehle an den dazu notwendigen Standards. Hinzu kommt, dass auch von den Unternehmen, die Mobile-Projekte in Auftrag geben, vielfach Individualität gefordert wird. So wollen sich viele Anwender im Außendienst mit eigenständigen Anwendungen - etwa mit der 3D-Darstellung von Produkten - von der Konkurrenz abheben.

Immerhin wurde mittlerweile trotz der Vielfalt am Markt ein Minimum an Standardisierung erreicht. Middleware-Anbieter wie Ianywhere, Extended Systems, Xcellenet oder Synchrologic bieten entsprechende Building Blocks an, die einfach zu integrieren sind kundenspezifische Erweiterungen werden darauf aufgesetzt. Zu beachten ist dabei laut Kunert, dass jeder dieser Hersteller besondere Stärken hat, die mit der jeweiligen Herkunft zu tun haben - bei Extended Systems sind es beispielsweise ausgefeilte Synchronisationsverfahren für PIM.

Winlinx unterscheidet bei mobilen Lösungen zwei Kategorien „Office“ und „Field“ und richtet seine Projekte daran aus: Office deckt den konventionellen Bereich PIM und E-Mail ab und wird in der Regel durch die IT-Abteilung betreut. Field erstreckt sich auf ERP-, CRM- und SFA-Anwendungen und fällt in der Regel in die Zuständigkeit der Fachabteilungen.

In der Praxis nicht immer online

Zu den Grundsatzthemen beim Mobile-Computing gehört auch die Frage nach Online- und Offline-Funktionen. Zu viele Hoffnungen wurden in den vergangenen Jahren im Rahmen des Mobilfunkbooms in allgegenwärtige Netzverfügbarkeit und permanenten Online-Betrieb gesetzt. Serveranwendungen mit Browser-basierenden Frontends am Client, die eine ständige Internet-Verbindung erfordern, haben sich aber als unbrauchbar erwiesen. Auf eine eigenständige Logik und Datenhaltung am Endgerät ist nicht zu verzichten. Mittlerweile geht die Branche davon aus, dass der Zugriff auf Netze von unterwegs auf längere Sicht ein Unsicherheitsfaktor sein wird. Ausgeglichen werden solche Defizite durch ausgefeilte Synchronisationstechniken. Hier, und nicht in der Netztechnik, liegen in den nächsten Jahren die Herausforderungen des mobilen Computings.

Oft übersehen werden auch die immensen Kosten für den Datentransfer. Winlinx setzt daher auf neuartige Softwareprodukte, die wie ein Least Cost Router automatisch aus WLAN, GPRS, GSM und anderen Funkdiensten die billigste verfügbare Variante wählen. Zusätzlich definieren viele Firmen benutzerspezifische Datenkontingente, die nicht überschritten werden dürfen. Voraussetzung dafür sind entsprechende Mess- und Analysetools.

Besserer RoI durch Branchenanwendungen

Auch die Bedeutung der Dateneingabe beim Einsatz von mobilen Endgeräten darf nicht übersehen werden. Das Scheitern von WAP hängt nicht zuletzt mit Unzulänglichkeiten auf diesem Gebiet zusammen. PDAs bieten mittlerweile eine Reihe von Eingabemöglichkeiten, von der virtuellen Tastatur bis zur Handschriftenerkennung, die Bedienung ist aber nicht immer intuitiv. Die Erfahrung habe gezeigt, so Kunert, dass bei mobilen Anwendungen ein deutlich höherer Perfektionsgrad erreicht werden müsse als beim PC. Ansonsten gingen die Außendienstmitarbeiter mit Zettel und Bleistift zum Kunden und gäben die Daten hinterher ein.