Kein Königsweg durch den Mobile-Dschungel

05.09.2002
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Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.



Als schwierig gilt nach wie vor die exakte Bewertung der Wirtschaftlichkeit von mobilen Technologien. Giga hat den Return on Investment (RoI) von E-Mail-Lösungen sowie erweiterter Enterprise-Lösungen untersucht. Allein die E-Mail-Funktion lohnt sich laut Giga-Analyst Ken Smiley: Die Sparquote liege in einem Dreijahreszeitraum bei 50 Prozent. Wurden solche Lösungen noch um Business-Anwendungen erweitert, konnte der ROI um 90 bis 100 Prozent gesteigert werden.

Giga hält bei der Wahl einer Mobile-Plattform die größtmögliche Flexibilität für den entscheidenden Faktor. Eine möglichst breite Anzahl an Hardware, Netzwerken und Anwendungen müssen unterstützt werden. Von Bedeutung sei zudem die Verfügbarkeit verschiedenartiger Tools, die man zur Erweiterung der Plattform benötigt.

Die Anwender sehen sich bei solchen Projekten mit einer Vielzahl von grundsätzlichen Entscheidungen konfrontiert. Die erste ist, welches Betriebssystem die Endgeräte nutzen sollen - derzeit geht es dabei um Pocket PC, Palm, Symbian oder Java. Obwohl Palm OS noch immer das marktführende Betriebssystem ist, entscheiden sich vor allem Unternehmen immer häufiger für Microsofts Pocket PC.

Wurde die Plattformentscheidung getroffen, geht es darum, die Entwicklungs-Tools und die Middleware zu finden, die das System erweitern. Auf dieser Ebene werden verschiedene Basisfunktionen bereitgestellt wie Synchronisierung, PIM-Funktionen, Datenbankzugriff, das Management von Geräten oder die Verteilung von Software. Die Middleware muss die gewählten Gerätetypen unterstützen, wobei die meisten Produkte hier sehr flexibel sind. Als weiteres Kriterium kommt hinzu, dass die Programmiersprachen und Tools genutzt werden können, die ein Unternehmen bevorzugt, also etwa Java/J2ME (Java 2 Micro Edition), Windows CE oder das neue .NET Compact Framework.

Die meisten Giga-Kunden wollen laut Smiley vermeiden, dass ihre Anwendungen gerätespezifische Eigenheiten unterstützen, weil dadurch der Anpassungsbedarf steigt. Native Anwendungen, die auf das Gerätebetriebssystem zugeschnitten sind, sind nur dann notwendig, wenn die Leistung des Handhelds voll ausgenutzt werden soll. Ein Beispiel wären große Datenbankanwendungen, die etwa für den Pocket PC in Visual C++ geschrieben werden.

J2ME-Anwendungen versprechen hier eine große Flexibilität, weil sie auf verschiedenen Plattformen laufen. Allerdings sieht Smiley das Java-Versprechen „Write once, run anywhere“ noch nicht eingelöst. Anwendungen, die etwa für den „Blackberry“-E-Mail-Pager von RIM geschrieben würden, liefen nicht immer auf anderen Geräten, vielfach seien Anpassungen nötig. Außerdem seien noch wenige Java-Enterprise-Anwendungen zu finden, mehr als 90 Prozent der derzeitigen J2ME-Programme seien Spiele.

Endgerätemarkt bleibt unberechenbar

In Sachen Ausgereiftheit nehmen sich nach Giga-Einschätzung J2ME und die aktuelle CE-.NET-Plattform nichts. Das Interesse in Unternehmen an CE .NET ist allerdings groß, auf der Seite der Consumer-Anwendungen überwiegt derzeit Java. Die bekannten Performance-Probleme von Java gegenüber nativen Anwendungen erachtet Smiley auf mobilen Geräten als wenig relevant, solange sie sauber programmiert sind. Als potenzielle Bremsen ergeben sich hier andere Faktoren, etwa Netzwerkverbindungen, Caching (Zwischenspeichern) von Daten oder Hintergrundprozesse.

Die für den gesamten Mobile-Sektor charakteristische Unübersichtlichkeit, die Vielzahl an Geräten, Standards und Software wird nach Einschätzung von Smiley auch in den nächsten Jahren anhalten. Das liegt vor allem daran, dass ständig neue Gerätetypen auf den Markt kommen. Es gebe derzeit keine Anzeichen, dass sich ein universeller Handheld- oder Smartphone-Typ herauskristallisiere, der für jeden Einsatzzweck geeignet ist. Ein gutes Beispiel für die Unberechenbarkeit des Marktes ist die junge Erfolgsgeschichte des Blackberry-Mail-PDAs. Zumindest in den USA hat sich dieser spezielle Handheld-Typ im Windschatten der großen PDA-Plattformen als beliebtes Kommunikationsgerät in Unternehmen etabliert.

Und auch der emotionale Faktor darf als treibende Kraft im Mobile-Segment nicht unterschätzt werden. Aus seiner langjährigen Projekterfahrung mit unterschiedlichsten Plattformen zieht etwa Kunert das Resümee, dass die Attraktivität eines bestimmten PDAs sehr oft ausschlaggebend ist bei der Entscheidung für eine mobile Strategie.