Zertifikat - und nun? (Teil 1)

Itil - nur im Rahmen sinnvoll

08.03.2010
Von 
Managing Partner bei Dewey & Partner in München

Klare Orientierung

Der Hauptnutzen des Prozess-Management-Systems liegt darin, dass die Initiative von Anfang an geführt wird. Damit erhalten die "Arbeitsbienen" im operativen Prozess-Management eine klare Orientierung. Sie kennen die erwarteten Ergebnisse und deren Bedeutung für die Servicequalität. Sie müssen sich also nicht mehr in schwammigen Rahmenbedingungen und Kompetenzstreitigkeiten aufreiben. Die Arbeitsergebnisse sind nachhaltig verwertbar, vergleichbar und an den Prozessschnittstellen integrierbar. Die Struktur der Ergebnisse unterstützt bereits die Implementierung.

Aber auch Management und Kunden profitieren: Durch das Alignment des strategischen Prozess-Managements mit der Geschäftsstrategie lassen sich Prioritäten für Prozesseinführungen festlegen. Die Kriterien ergeben sich aus dem tatsächlichen Handlungsbedarf für die Servicequalität, ob es sich nun um Verfügbarkeit, Reaktions- und Lösungsgeschwindigkeit oder Kosten handelt. Dadurch steigt die Kundenzufriedenheit, und das Risiko des Scheiterns schrumpft

Messen und steuern

Christoph Dewey: "Erkenne das Problem, bevor der Kunde es tut."
Christoph Dewey: "Erkenne das Problem, bevor der Kunde es tut."
Foto: Dewey, Plegge, Raff und Partner

Bleibt noch ein wichtiger Punkt: Für ein systematisches Prozess-Management müssen unbedingt die Grundlagen des Performance-Managements gelegt werden. Hilfreich ist es, die Kernleistungszahlen (Key Performance Indicators) der Prozesse festzulegen und in einer Balanced Scorecard mit Wechselwirkungen zu einem IT-Management-Cockpit zu konfigurieren. Ohne Metriken und ein darauf aufsetzendes Performance-Management lässt sich der durch Prozessorientierung erzielte Nutzen nicht objektiv darstellen, sprich: die Zweifler werden nicht zu Überzeugten.

Auch für Steuerungsaufgaben wie kontinuierliche Verbesserung, prozessbezogene Problemlösung oder Effizienzuntersuchungen ist Transparenz notwendig. Um sie herzustellen, hat sich das Sipoc-Prinzip (Supplier, Input, Process, Output, Customer) bewährt. Dabei handelt es sich um ein Six-Sigma-Werkzeug, das den Geschäftsvorgang vom Kunden ausgehend durch den Prozess zurück zum Lieferanten abarbeitet. Entlang dieser Wertschöpfungskette sollte es aussagekräftige Metriken geben.

Auf diese Weise lässt sich beispielsweise aufzeigen, wo beim Incident-Management am Ticket-System vorbei gearbeitet wird, wo vermutlich - abzuleiten aus einer nicht repräsentativen Entwicklung der Tickets - Nachschulungen der User notwendig sind, in welchen Servicebereichen eine gemeldete Störung sofort zu einem Change Request statt zu einem Problem-Ticket führt und welche Service-Requests in nicht nachvollziehbarer Häufigkeit vorkamen. Und auf dieser Grundlage können die Prozessteams proaktiv agieren und informieren - nach dem Motto: Erkenne ein Problem, bevor der Kunde sich beschwert oder gar das Topmanagement einschaltet! (qua)