Führung ist wichtiger als Technik

Wie IT-Chefs aus ihrer Wagenburg herauskommen

14.12.2009
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Welche Fähigkeiten IT-Führungskräfte jetzt brauchen, sagt Change-Manager Christopher Lesko im Interview mit CW-Redakteur Hans Königes.
Christopher Lesko leitet zwei Beraternetzwerke in Falkensee nahe Berlin und begleitet seit langem Unternehmen bis auf Vorstandsebene zu den Themen Leadership und Change.
Christopher Lesko leitet zwei Beraternetzwerke in Falkensee nahe Berlin und begleitet seit langem Unternehmen bis auf Vorstandsebene zu den Themen Leadership und Change.

CW: Wie haben sich die Herausforderungen für IT-Verantwortliche im Laufe der letzten Jahre verändert?

LESKO: Die IT - damit ist vor allem die Business-IT, Kommunikations-IT und industrielle IT gemeint - muss erwachsen werden und die dafür notwendigen Fähigkeiten wirksam entfalten. Die Zeit, sich vordringlich am fachlich gedachten Optimum zu orientieren, ist vorbei.

CW: Erwachsen werden - was meinen Sie damit?

LESKO: Erwachsen zu werden bedeutet Weiterentwicklung auch an Stellen, die subjektiv betrachtet vielleicht unangenehm sind. IT ist viel zu häufig damit beschäftigt, im eigenen Saft zu schmoren, anstatt sich darum zu kümmern, was die Geschäftsseite braucht, um erfolgreicher zu sein. Die Fähigkeiten, selbstbewusst Position zu beziehen und sich gleichzeitig mit den Bedürfnissen des Business tragfähig zu verbinden, sind im Vergleich zu technologischen Kernkompetenzen, Architektur- und Prozesswissen häufig nicht angemessen weiterentwickelt worden.

CW: Aus Ihrer Sicht denken IT-Chefs noch immer zu techniklastig.

LESKO: Die Welt wird an vielen Stellen immer noch binär in Bits und Bytes gelebt und auch so kommuniziert. Doch aus einer technologischen Wagenburg heraus erreicht man keinen Business-Verantwortlichen. Da reißt die dringend notwendige Verbindung ab. Für die muss man auf allen hierarchischen Ebenen arbeiten. Mängel in dieser Frage verbrennen in Unternehmen eine Menge Energie, Zeit und Geld.

CW: Abgesehen von Kommunikationsstärke und der Fähigkeit, sich klar zu positionieren - welche Kompetenzen sollten IT-Führungskräfte aus Ihrer Sicht künftig vertiefen?

LESKO: Es geht um ein ganzes Bündel unterschiedlicher Fähigkeiten: Führung und Kooperation, Klarheit, Verbindlichkeit und Transparenz in der Strategie, schließlich Kommunikationskompetenz und nicht zuletzt Veränderungsfähigkeit, anstatt der Tendenz nachzugeben, in Komfortzonen und Bereichsegoismen an Gewohntem festzuhalten.

CW: Das klingt recht kritisch.

LESKO: Es ist für einige Unternehmen durchaus auch kritisch gemeint. Es nützt doch nichts, in Zeiten von Restrukturierung und ernsten wirtschaftlichen Einschränkungen, in denen alle Beteiligten zusammenhalten müssen, hartnäckig und mit immer neuen Begründungen den Sinn des Gewohnten zu verteidigen. Das ist zu dünn.

CW: Was wäre die Alternative?

LESKO: Es braucht Klarheit über Sinn, Ziel und Mehrwert der IT innerhalb von Unternehmen, und es braucht darüber hinaus die Fähigkeit aller IT-Führungskräfte, sich in ein Boot mit den Partnern aus den Fachabteilungen zu setzen. Und manchmal auf dem Weg des "Erwachsen-Werdens" müssen sich auch lieb gewordene Komfortzonen verändern, weil die Umgebungsvoraussetzungen es erfordern. Meiner Einschätzung nach sind viele IT-ler und die sie steuernden Führungskräfte in einer Situation, in der sie die erwähnten nichtfachlichen Kompetenzen für sich selbst dringend benötigen. Nur so entstehen Akzeptanz und Gemeinsamkeit.