IT-Studenten zieht es zu Siemens und IBM

22.08.2002
Von Katja Müller
Entlassungen, Einstellungsstopps und ein Arbeitsmarkt, auf dem es von Konkurrenten wimmelt - so haben sich IT-Absolventen den Berufseinstieg nicht vorgestellt. Kein Wunder, dass sie in der Wahl ihres Arbeitgebers auf Nummer Sicher gehen und Siemens, IBM und die Fraunhofer-Gesellschaft favorisieren.

Als sie vor vier Jahren zu studieren begannen, sah die Welt noch anders aus: IT-Fachkräfte waren gefragt, Unternehmen beklagten den Mangel. Hochschulabsolventen entsprechender Studiengänge wurden Einstiegssaläre gezahlt, die manchen langjährigen Profi vor Neid erblassen ließen. Inzwischen bauen die meisten Firmen Personal ab, und auch bei den Gehältern müssen die einst hochbezahlten Fachkräfte Zugeständnisse machen. Die Sicherheit hat deshalb beim IT-Nachwuchs Priorität: Siemens, IBM und die Fraunhofer-Gesellschaft sind dieses Jahr die begehrtesten Arbeitgeber, wie das Absolventenbarometer des Berliner Instituts für Personal-Marketing Trendence und der CW ergab.

3649 Informatikstudenten nannten von April bis Juni ihre beliebtesten Unternehmen und erklärten, was sie vom künftigen Job erwarten. Die Attraktivität von Siemens ist ungebrochen, zum dritten Mal in Folge erreichte der Konzern Platz Nummer eins.

Vor allem interessante Arbeitsaufgaben wünschen sich die Studenten von dem Branchenriesen. Diese kann Siemens wie kaum ein anderes Unternehmen in Deutschland bieten: Die Münchner sind nicht nur in den Sparten Information und Kommunikation, sondern ebenso im Kraftwerksbau, der Medizin oder der Automobiltechnik vertreten. Auch hier entstehen zunehmend Jobs für Informatiker. „Jedes unserer Geschäfte ist stark von IT durchdrungen - Tendenz steigend“, erklärt Unternehmenssprecher Constantin Birnstiel.

Siemens: Trotz Entlassungen favorisiert

Als weiteren Vorzug von Siemens nannten die Befragten die „sicherere Anstellung“. Zwar baute der Konzern seit dem vergangenen Jahr weltweit Zehntausende Arbeitsplätze ab - vor allem die Netzwerksparte Information and Communication Networks (ICN) und der Dienstleistungssektor Siemens Business Services GmbH (SBS) waren vom Aderlass betroffen -, dennoch hoffen die Studenten, dass ein großer Konzern wie Siemens gegenüber Marktschwankungen widerstandsfähiger ist als kleinere Unternehmen.

Auch auf Platz zwei des Rankings steht ein Branchenriese: IBM mit bundesweit rund 26 000 Mitarbeitern, dessen Entwicklungszentrum in Böblingen nahe der Stuttgarter Zentrale als größte Forschungsstätte des Unternehmens außerhalb der USA gilt. Etwa 17 Prozent der Befragten meinen, dass der Konzern mit interessanten Projekten und Innovationen aufwarten kann. Darüber hinaus spricht für Big Blue in den Augen der Studenten vor allem die Möglichkeit, an einem attraktiven Standort oder sogar international arbeiten zu können.

Recruiting im Hörsaal

Die Suche nach Sicherheit und attraktiven Aufgaben erklärt auch den Aufstieg der Forschungsunternehmen Fraunhofer (Rang drei), Max-Planck-Gesellschaft (Rang neun) und Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR, Rang zwölf) auf die vorderen Plätze des Rankings: Innovationen, interessante Projekte und eine angenehme Arbeitsatmosphäre verbinden die Befragten etwa mit der Fraunhofer-Gesellschaft. Dem Max-Planck-Institut, das es auf Anhieb unter die Top Ten schaffte, verhalf möglicherweise auch die von einem seiner Einrichtungen koordinierte Pisa-Studie zu einem neuen Bekanntheitsgrad. Zudem trägt hier die jahrelange Zusammenarbeit der Forschungs- und Bildungsstätten Früchte. So gründete die Gesellschaft mit Sitz in Berlin 19 Research-Schools für Doktoranden. Darüber hinaus halten die Forscher regelmäßig Vorträge an Gymnasien.

Auch am DLR stehen Wissenschaftler in engem Kontakt mit dem Nachwuchs und halten beispielsweise Vorlesungen in Universitäten. Mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI, Platz 13) kam erstmals eine Behörde unter die ersten 20 der beliebtesten Unternehmen. Ein ungewöhnliches Ergebnis, da die meisten Studenten lieber in mittelständischen und großen Firmen arbeiten wollen. Auf die Frage, in welcher Organisation sie am liebsten ihre Karriere starten möchten, nannten nur ein Prozent den Staat beziehungsweise die öffentliche Verwaltung. Doch das BSI lockt Computerspezialisten mit Aufgaben, die es wahrscheinlich in keinem anderen Unternehmen in dieser Form gibt. Beispielsweise wirken IT-Fachkräfte an der Task Force „Sicheres Internet“ unter der Federführung des Bundesministeriums des Inneren mit.