Fachkräftemangel bezwingt Unternehmen

IT-Manager im Familienglück

13.09.2011
Von Anja Dilk

Kita-Termine im Firmenkalender: Markus Klarmann, 45, Key Account Manager bei Projectplace, Frankfurt a.M.

Heute ist Markus Klarmann seit sechs Uhr auf den Beinen. Um 6.40 Uhr hat er sich den Zug Richtung Frankfurt am Main gesetzt, um acht den ersten kräftigen Kaffee im Büro genommen. Danach ging es von Meeting zu Meeting, bis abends um fünf. Trotz des vollgepackten Tages isst Klarmann später mit seinen Kindern zu Abend. Wenn sein Zug gegen halb sieben wieder in Karlsruhe ankommt, sind die Zwillinge noch lange nicht im Bett. Den Rest der Woche kann der Kundenberater beim Online-Dienstleister Projectplace seine Termine frei einteilen. Muss er mit den Kleinen zum Arzt oder sie von der Kita abholen trägt er das wie einen Business-Termin auch in den digitalen Firmenkalender ein. Die Koordination mit den Vertriebskollegen ist so ein Kinderspiel.

Markus Klarmann, Projectplace: "Kinderangelegenheiten ernst nehmen und offen über Kindertermine zu sprechen gehört zur Firmenkultur."
Markus Klarmann, Projectplace: "Kinderangelegenheiten ernst nehmen und offen über Kindertermine zu sprechen gehört zur Firmenkultur."
Foto: Privat

Klarmann arbeitet Vollzeit. Doch für seine Kinder nur Abendpapa sein, der vor dem Einschlafen noch einen schnellen Kuss auf die Backe drückt? Das kam für den Kundenberater nie in Frage. Gleich nach der Geburt von Liv und Elodie 2005 drückte er deshalb auf die Bremse. Klarmann lacht: "Der zu erwartende Workload war mit Zwillingen ja ziemlich groß. Deshalb habe ich drei Monate auf 70 Prozent reduziert." Hurra gerufen hat sein damaliger Arbeitgeber zwar nicht. Aber Gesetz ist Gesetz: "Die Teilzeit stand mir zu."

Wie viel einfacher war es da bei Projectplace, zu dem Klarmann 2008 wechselte. Egal ob Führungskraft oder einfacher Mitarbeiter, die Geschäftsführung des schwedischen Unternehmens sieht es gern, wenn sich ihre Leute auch um die Familie kümmern. Klarmann: "Es gibt ein klares Ja von ganz oben." Sorge um die Kinder ist in Schweden selbstverständlich, für Männer und Frauen. Ehrensache, dass die deutsche Tochterfirma nach denselben Grundsätzen geführt wird. Zurzeit ist der Marketing-Boss einige Monate in Elternzeit, demnächst geht der Security-Verantwortliche des Unternehmens. Klarmanns direkte Chefin hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren nach der Geburt ihrer beiden Kinder immer mal wieder reduziert. Und als heute Morgen eine Kollegin anrief, dass ihre Kinder mit Läusen aus dem Schullandheim gekommen seien, war es für das Team keine Frage: Bleib bloß zu Haus. "Kinderangelegenheiten ernst zu nehmen und offen über Kindertermine zu sprechen gehört zur Firmenkultur", sagt Klarmann. "Um so mehr sind alle bemüht, Jobanforderungen und Kinderaufgaben für beide Seiten optimal zu verbinden."

Klarmann hat eine gute Lösung für sich gefunden. Durch die flexible Zeiteinteilung kann er Fulltimejob und Familienleben verbinden, ohne finanzielle Abstriche machen zu müssen. Seine Frau arbeitet als Ergotherapeutin 25 Stunden in der Woche. Wenn sie früh anfangen muss, bringt er die Kids zur Kita. Kundentermine gibt es dann eben erst um elf Uhr. Wenn er nachmittags zum Kunden ins ferne Stuttgart muss, arbeitet er vorher im Homeoffice. Die Kinder wissen genau: Papa spielt nicht am Computer oder plaudert mit Kumpels am Telefon - er arbeitet. Stören verboten. "Trotzdem bin ich zwischendurch ansprechbar." Die Schuhe zubinden, die Kids trösten, wenn sie hingefallen sind, kleine wichtige Fragen beantworten: "Papa, dürfen wir heute Abend...". Und außer am montäglichen Frankfurt-Tag ist das gemeinsame Frühstück festes Ritual. "Obwohl ich jetzt eine Stunde länger zur Arbeit brauche als in meinem alten Job, habe ich viel mehr von den Kindern", sagt Klarmann.