Internet-Wirtschaft zahlt trotz Krise besser

08.08.2002
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Zieht man den Vergleich mit der IT-Branche, verdienen Angestellte bei Multimedia- und Internet-Dienstleistern immer noch deutlich weniger. Laut dmmv-Studie kommt hier ein erfahrener Softwareentwickler, der Java und C++ beherrscht, auf ein durchschnittliches Jahresgehalt von 49000 Euro, während er in der IT-Branche im Schnitt 56700 Euro erwarten konnte, wie die CW-Gehaltsstudie im vergangenen Jahr ergab. Ein ähnliches Gefälle lässt sich auch für andere Berufe wie Berater oder Vertriebsmitarbeiter feststellen. Die Einstiegsgehälter in der Internet-Branche sind nicht gestiegen beziehungsweise zum Teil zurückgegangen: Grafiker beginnen zwischen 26000 und 28000 Euro, Programmierer bei etwa 31000 Euro und Online-Redakteure bei durchschnittlich 33000 Euro.

Das wertet der dmmv als Indiz dafür, dass sich die Personalsituation entspannt hat und die Unternehmen bestrebt sind, die Gehälter der Einsteiger an ihre Qualifikationen und Erfahrungen anzupassen. Planetactive-Personalchefin Fliegen kann dies nur bestätigten: „Selbst wenn Einsteiger über ein gutes Profil und praktische Erfahrungen verfügen, können sie derzeit nicht mehr als höchstens 2500 Euro im Monat erwarten.“

Vorsichtiger gingen die Internet-Firmen im vergangenen Jahr auch mit Prämien, Provisionen und sonstigen materiellen Anreizen um: Nur noch 24 Prozent der befragten Unternehmen (statt 38 Prozent) zahlten eine Jahresprämie aus, Provisionen existierten nur noch in jedem sechsten Betrieb, die einst beliebten Aktienoptionen spielen kaum noch eine Rolle (acht Prozent der Nennungen). Dafür bedienen sich die Firmen verstärkt konservativer Instrumente, um ihre Mitarbeiter zu binden. Unter den geldwerten Vorteilen haben erstmals die vermögenswirksamen Leistungen anderen Goodies wie Handy, Firmenwagen oder Hardwarenutzung den Rang abgelaufen.

Deutliche Verschiebungen stellte der dmmv auch in Sachen Mitarbeiterbedarf fest. Suchten im Jahr 2000 insgesamt 80 Prozent der befragten Unternehmen durchschnittlich zwölf neue Mitarbeiter, hatten 2001 nur noch 44 Prozent der Firmen im Schnitt eine bis zwei Stellen zu besetzen. Insgesamt meldeten 118 Unternehmen dem dmmv Ende des vergangenen Jahres 153 offene Stellen. Hochgerechnet auf 3500 Multimedia-Unternehmen, geht der Verband sogar davon aus, dass von 4500 Stellen 1000 unbesetzt bleiben.

Eine Rechnung, die so mancher nicht nachvollziehen kann. Olaf Hofmann von der Gewerkschaftsinitiative Connex.av weist auf die Vielzahl der Insolvenzen und betriebsbedingten Kündigungen wie etwa bei Pixelpark oder ID Media hin: „Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung kaum haltbar, dass so viele Stellen nicht zu besetzen sind.“ Planetactive-Pe

Ina-Maria Fliegen, Planetactive
Ina-Maria Fliegen, Planetactive

rsonalchefin Fliegen kann sich den überraschend hohen Stellenbedarf nur damit erklären, dass für viele Internet-Firmen die Welt zum Befragungszeitraum der Studie (Oktober bis Dezember 2001) noch besser aussah als heute: „Die letzten sechs Monate haben die Leute noch einmal realistischer werden lassen.“ Selbst ein als solide eingeschätztes Unternehmen wie die GFT Technologies AG aus St. Georgen musste angesichts einbrechender Umsätze über 100 Mitarbeiter entlassen.

Auch dmmv-Vertreter Goertz rechnet damit, dass in diesem Jahr weniger Mitarbeiter eingestellt werden als vorgesehen. Dazu kommt, dass „viele Positionen informell besetzt werden und in keiner Stellenbörse mehr auftauchen“. Außerdem können es sich viele Unternehmen erlauben, eine Position auch über längere Zeit unbesetzt zu lassen. „Wir suchen natürlich nach er- fahrenen Kontaktern oder Programmieren. Wenn wir aber keinen geeigneten Kandidaten finden, warten wir lieber ab“, so Fliegens Fazit.

Obwohl sich viele Internet-Firmen 2001 in der Krise befanden, zahlten sie ihren Beschäftigten mehr Lohn. Unter den Abteilungsleitern verdienen die Führungskräfte in Programmierung und Projektleitung am besten, auch auf Mitarbeiterebene liegen die Entwickler ganz vorne.

dmmv-Gehaltsspiegel

Zum fünften Mal untersuchte der Deutsche Multimedia Verband (dmmv) zusammen mit dem High-Text-Verlag die Gehälter in der Multimedia- und Internet-Branche. An der Befragung nahmen mit 175 Unternehmen fast doppelt so viele Firmen teil wie im vergangenen Jahr. Dem Gehaltsspiegel liegen Daten von 3046 Angestellenverhältnissen zugrunde, die von Oktober bis Dezember 2001 erhoben wurden. Die befragten Unternehmen beschäftigen sich großteils mit dem Design von Websites oder Multimedia-Anwendungen, erzielten 2001 einen durchschnittlichen Umsatz von 3,2 Millionen Euro, haben im Schnitt 30 Mitarbeiter und verfügen über fünf Jahre Branchenerfahrung. Die Studie ist für dmmv-Mitglieder kostenlos, andere Interessenten können sie für 12,80 Euro unter www.ibusiness.de/shop/ oder http://www.dmmv.de/publiste.htm bestellen.