Zukunftsforscher Horx

Homeoffice kann nicht die Lösung sein

16.07.2020
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Dennoch ist Lüder überzeugt, dass "das Büro weiter ein zentraler Ort sein wird, an dem sich Menschen treffen und in Persona austauschen wollen." Unter seiner Mannschaft hat der Mercer-Chef schon eine gewisse Home-Office-Müdigkeit festgestellt, da ein virtueller Arbeitstag vor allem daraus bestehe, auf Bildschirme zu starren, selbst wenn man sich mit Kollegen austauschen will.

Work-Life-Balance funktioniert nicht

An das Thema Homeoffice knüpfte sich Horx weitere These an: "Die Work-Life-Balance hat in der Vergangenheit nicht funktioniert, da die drei Kernbereiche des menschlichen Lebens, Selbst, Arbeit und Liebe beziehungsweise soziales Sein nicht im eigentlichen Sinne zu balancieren sind. Je nach Lebensphase werden wir unterschiedlich intensiv arbeiten können. Wir brauchen eine wellenhafte Form der Arbeitsintensität." Vorbild und Vorreiter für Horx sind die skandinavischen Länder, in denen die Mehrheit nur noch durchschnittlich 30 Stunden die Woche arbeite.

Vaude: 43 Prozent der Führungskräfte sind Frauen

Antje von Dewitz, CEO von Vaude: "Mittlerweile sind wir geübt darin, Arbeitspakete zuzuschneiden und zu verschieben. Zum Teil ändern sich unsere Teams in ihrer Zusammensetzung monatlich."
Antje von Dewitz, CEO von Vaude: "Mittlerweile sind wir geübt darin, Arbeitspakete zuzuschneiden und zu verschieben. Zum Teil ändern sich unsere Teams in ihrer Zusammensetzung monatlich."
Foto: Winfried Heinze, www.blateral.com

Für Antje von Dewitz, CEO des Outdoor-Ausstatters Vaude und selbst Mutter von vier Kindern, hat die Corona-Krise gezeigt, dass sich die wenigsten Eltern die Verantwortung für die Kinder teilten. Ihr Unternehmen bemüht sich schon seit 2001 für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit vielfältigen Initiativen, einem Kinderhaus, aber auch einer Flexibilisierung von Arbeitszeiten, habe man erreicht, dass 43 Prozent der Führungspositionen Frauen innehaben. 40 Prozent der Mitarbeiter haben ein Teilzeitmodell.

Das sei ein Ergebnis eines jahrelangen Veränderungsprozesses und Umdenkens, also weg von der tradierten Kultur des "alleinigen, männlichen Brotverdieners". Basis dieser Flexibilisierung sei das Menschenbild, das auf Vertrauen basiere. "Mittlerweile sind wir geübt darin, Arbeitspakete zuzuschneiden und zu verschieben. Zum Teil ändern sich unsere Teams in ihrer Zusammensetzung monatlich", erklärte die Unternehmerin.

Datev: Mehr Gestaltungsraum in Mitarbeitergesprächen

Julia Bangerth, Personalvorständin von Datev, hat gute Erfahrungen gemacht, die Mitarbeiter und Betriebspartner stärker und immer wieder einzubeziehen. In Nürnberg treffe man sich darum wöchentlich, um gemeinsam Bedingungen für das Zusammenarbeiten auszuloten. In Betriebsvereinbarungen will man nur den Rahmen vorgeben und einen größeren Spielraum für die Umsetzung und individuelle Lösungen zulassen.

Dazu Bangerth: "Im Personalbereich gab es die Tendenz auf Standardsysteme zu setzen. Aber one size fits funktioniert nicht." Darum gebe Datev in Sachen Mitarbeitergespräch nur noch vor, dass dieses Gespräch einmal im Jahr stattfinden sollte, Inhalte sind selbstgesteuert und können auch stark voneinander abweichen.