Gute Perspektiven für Linux auf Servern

14.11.2001
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Unmut über Microsoft ausnutzen

Dem widerspricht Bruce Perens, Projektleiter der Linux-Distribution Debian und Open-Source-Evangelist bei HP: "Für 80 Prozent der Anwender ist unter Linux alles verfügbar, was sie brauchen." Der Unmut über Microsoft wachse, "und deshalb sind unsere Chancen auf dem Desktop ganz gut". Den Optimismus von Perens in Sachen Linux-Desktop teilen jedoch heute - ganz anders als noch vor ein oder zwei Jahren - nicht mehr viele Beobachter der Entwicklung. Markus Draeger, Linux-Guru bei Fujitsu-Siemens Computing (FSC), etwa registriert, dass sich viele Firmen interessiert zeigen, aber "Defizite von Linux auf dem Desktop" beklagen. Dabei sei die Ausgangslage eigentlich sehr gut, weil immer mehr Unternehmen "wachsende Probleme mit Microsoft" hätten.

"Für den Normal-User am Fat Client ist Linux zu kompliziert", stellt Draeger fest. Allerdings biete sich eine andere Variante an: "Immer mehr Firmen sind interessiert an Linux für Thin Clients." In dieselbe Kerbe schlägt Dan Powers, Vice President Linux Solutions von IBM. Seit 1998 beobachte Big Blue ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 40 Prozent im Markt für Thin Clients und eine steigende Nachfrage nach Linux für solche Architekturen. Entsprechend stellte IBM auf der Linux-World neue "Netvista"-Thin-Clients vor, die mit Suse Linux vorkonfiguriert und laut Powers "dramatisch billiger als Fat-PCs mit Microsoft-Systemen" sind.

Die Rechenzentren erobern

Vor übertriebenen Hoffnungen warnt allerdings Erich Clementi, IBMs Vice President System Sales in Europa: "Ich glaube nicht, dass Linux Windows ersetzen wird." Davon träumen nicht einmal die optimistischsten Mitglieder in den Community-Projekten KDE und KOffice. Allerdings sei eine deutliche Steigerung des Marktanteils durchaus realistisch. Alexandre Julliard, Leiter eines Projekts, aus dem der Windows-Emulator "Wine" hervorgegangen ist, beurteilt die absehbare Zukunft so: "Auf den Linux-Clients wird es neben KDE, KOffice oder anderen direkten Alternativen zu Microsoft weiter viele Windows-Anwendungen geben, die über Emulatoren wie Wine laufen."

Während Linux auf dem Desktop auf absehbare Zeit eher schwach repräsentiert sein dürfte, hat es sich anderswo fest etabliert und weitet seinen Einfluss aus. So beobachtet Scott Handy, für Linux-Lösungen zuständiger IBM-Director, die Entwicklung von Linux werde jetzt nicht mehr nur von Technikern, sondern auch von Business-Strategen wahrgenommen. Das System habe "die Kluft zur Anwendung in Business-Umgebungen überwunden" und vor allem ein gewaltiges Wachstumspotenzial bei Servern und kleinen Internet-Devices.