Mitarbeiterempfehlung

Firstbird setzt auf Mitarbeiter als Headhunter

04.04.2017
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Studien zufolge gelten Mitarbeiterempfehlungsprogramme als effizienteste Methode des Recruiting. Das hat sich das Startup Firstbird mit einer eigens dafür geschaffenen Plattform zunutze gemacht.

Es ist bekannt, dass vor allem IT-Unternehmen vor der Schwierigkeit stehen, bestimmte Positionen vor allem im Entwicklerumfeld, schnell und gut zu besetzen. Ebenso zählt zu den Allgemeinplätzen, dass eine Einarbeitung Geld, manchmal sogar viel Geld kostet - Personaler sprechen von Kosten um die 100.000 Euro, wenn ein Hochqualifizierter nach Einarbeitung die Firma verlässt. Und wenn man drittens noch bedenkt, dass ein gut eingespieltes Entwicklungsteam die halbe Miete sein kann, liegt es auf der Hand, sich mit Empfehlungsprogrammen für die Mitarbeiter etwas näher zu beschäftigen und zu entwickeln. Und selbstverständlich gleich eines auf digitaler Basis.

Arnim Wahls, Gründer von Firstbird: "Oft kommen die ersten Bewerbungen über Firstbird bereits einen Tag nach Veröffentlichung eines Jobs."
Arnim Wahls, Gründer von Firstbird: "Oft kommen die ersten Bewerbungen über Firstbird bereits einen Tag nach Veröffentlichung eines Jobs."
Foto: Firstbird

"Die Menschen verlieren in einer Zeit der medialen Dauerbeschallung mehr und mehr das Vertrauen in Marketing-Botschaften und wenden sich wieder verstärkt an den Rat von Freunden und Verwandten", ist Firstbird Gründer Arnim Wahls überzeugt. Der 33-jährige Betriebswirt hat gemeinsam mit zwei Partnern - natürlich in Berlin - ein digitales Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programm entwickelt.

"Wir vertrauen auf die Empfehlungen von Menschen, die wir kennen und schätzen", so Wahls. So sei es nur konsequent, die persönlichen Empfehlungen auch für die Jobsuche zu nutzen. Das heißt, die Mitarbeiter bereits von Beginn an in das Recruiting-Verfahren einzubeziehen, damit verbunden die Hoffnung, Kollegen an Bord zu holen, die ähnliche Wertvorstellungen haben und damit die Chance zu erhöhen, homogene, schlagkräftige Teams zu bekommen. Ziel müsse es laut Wahls sein, "jeden Mitarbeiter zu einem Headhunter zu machen, der in seinem privaten und beruflichen Netzwerk aktiv Ausschau hält nach passenden Kollegen für das eigene Team." Über Firstbird stellen die Firmen mittlerweile bis zu 60 Prozent ihrer neuen Mitarbeiter über ihr eigenes Netzwerk ein.

Beständig wachsende Community

In der Praxis funktioniert es so, dass sich Arbeitgeber einen Account auf Firstbird einrichten und Mitarbeiter, Alumni und Business Partner einladen, Talent Scout zu werden. Die Unternehmensführung versorgt die so geschaffene und beständig wachsende eigene Community mit aktuellen Stellenausschreibungen. Diese sollen dann die Jobs in ihren sozialen Netzwerken teilen, damit die Reichweite vervielfachen und potenzielle Kandidaten mit persönlichen Empfehlungen vorschlagen. Das Endergebnis sollte dann ein Pool an persönlich empfohlenen Talenten sein, die perfekt zum Unternehmen passen. "Der gesamte Vorgang ist transparent und jeder beteiligte Mitarbeiter kann den Status der ausgeschriebenen Stellen einsehen und mitverfolgen", versichert Wahls. Die Plattform dokumentiert alle Aktivitäten der Angestellten und ermöglicht der Unternehmensführung dadurch, Geld- und Sachboni für erfolgreiche Empfehlungen und besonderen Einsatz auszuloben. "Oft kommen die ersten Bewerbungen über Firstbird bereits einen Tag nach Veröffentlichung eines Jobs und nicht selten ist Firstbird schon wenige Wochen nach Einführung der effektivste Recruitingkanal", erzählt der Gründer stolz.

Damit aber die eigenen Mitarbeiter zu überzeugenden Botschaftern auf dem Arbeitsmarkt werden, müssten Unternehmen jedoch auch in ihr Personal investieren. Anstatt Recruitingbudgets für Online-Anzeigen, Personalberater oder Videos auszugeben, sollten Arbeitgeber "noch mehr in die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter investieren und ihre Empfehlungstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt belohnen".

Gutes Management ist wichtig

Wenn die eigenen Mitarbeiter das Recruiting stemmen, bleibt die Frage, welche Aufgaben Personaler übernehmen. Wahls gibt zu bedenken: "Die Umsetzung eines Empfehlungsprogramms benötigt gutes Management und strikte Qualitätskontrolle, um nicht in eine Freunderlwirtschaft abzugleiten. Das gewährleitet eine professionelle HR-Abteilung." Dieser Paradigmenwechsel bedeute also nicht das Ende von HR, sondern vielmehr einen Wechsel der Verantwortung - weg vom operativen Recruiting und hin zur Auswahl der besten Empfehlungen und dem Management von Empfehlungsnetzwerken.