CeBIT 2014

ERP zwischen Konsolidierung und Innovation

07.03.2014
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In fast allen Unternehmen bildet das ERP-System den Kern der Business-IT. Während die Anwender darum bemüht sind, diesen zu konsolidieren und standardisieren, arbeiten die Anbieter mit Hochdruck an den Flanken der ERP-Infrastrukturen an Innovationen rund um Social, Mobile und Analytics.

Zwei Trends bestimmen derzeit die ERP-Welt: Auf der einen Seite sind die Anwender darum bemüht, ihre Kernsysteme zu konsolidieren und zu harmonisieren, um die Basis ihrer Business-Applikationen möglichst effizient und reibungslos betreiben zu können. Primäres Ziel dabei: Die Komplexität der ERP-Landschaften, die sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft und den Anwendern das Leben schwer gemacht hat, zu verringern.

ERP zwischen Konsolidierung und Innovation
ERP zwischen Konsolidierung und Innovation
Foto: Sergey Nivens, Fotolia.com

Auf der anderen Seite dreht sich viel darum, die ERP-Systeme funktional auszubauen, um eine breitere Prozesspalette in den Unternehmen unterstützen zu können. Dieser Ausbau hat mit Softwareprojekten aus der Vergangenheit jedoch wenig gemein. Von aufwendigen und langwierigen Vorhaben mit ungewissem Ausgang will heute kein IT-Verantwortlicher mehr etwas hören. Neue Funktionen sollen sich zügig und einfach an den ERP-Kern anflanschen lassen und schnell von den Usern genutzt werden können. Dabei kommen für die Anwenderunternehmen verstärkt auch neue Techniken und Bezugsmodelle ins Spiel wie mobile Lösungen und Apps sowie das Cloud-Computing.

Während sich die Softwareanbieter vor allem Hype-Themen wie Cloud-Computing und Mobility auf die Fahnen geschrieben haben - natürlich in erster Linie, um zusätzliches Geschäft an Land zu ziehen -, kämpfen viele Anwenderunternehmen nach wie vor mit unterschiedlichsten Hausaufgaben an der Basis ihrer ERP-Systeme. Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe hatte erst kürzlich ihre Mitglieder gefragt, was deren Topthemen seien.

Das Ergebnis: Drei Viertel der über 400 befragten IT-Verantwortlichen nannten an dieser Stelle Aufgaben rund um die Harmonisierung und Konsolidierung ihrer IT-Landschaften. Gerade das Customizing der vergangenen Jahre und Jahrzehnte habe die Komplexität der ERP-Systeme drastisch erhöht, hieß es von Seiten der Anwendervertretung. Jetzt gehe es für die Anwender darum, die Software wieder in den Standard zurückzuführen und damit die ausufernden Probleme wieder in den Griff zu bekommen.

Neben der Harmonisierung und Konsolidierung dreht sich bei den Anwendern im Zusammenhang mit ERP auch viel um eine bessere Integration von Geschäftsprozessen. Das hat zuletzt eine Untersuchung von Pierre Audoin Consultants (PAC) im Auftrag des Softwareanbietzers Infor ergeben. "Bei uns laufen alle Informationen letztlich im ERP-System zusammen, sodass alle Prozesse - vom Auftrag bis zur Auslieferung - miteinander korrespondieren und effizient abgewickelt werden", zitieren die Studienautoren einen Teilnehmer. Es verwundert daher nicht, dass fast 90 Prozent der 100 befragten Unternehmen das Thema "integrierte Geschäftsprozesse" als "wichtig" (37 Prozent) beziehungsweise "sehr wichtig" (49 Prozent) bezeichneten.

ERP-Systeme spielen dabei eine zentrale Rolle. Unternehmen haben entsprechenden Software angeschafft und implementiert, um firmenweit standardisierte und integrierte Prozesse gewährleisten zu können. Doch offenbar gibt es an dieser Stelle Optimierungspotenzial, stellen die Analysten fest. Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen bezeichneten den Wertbeitrag, den die Geschäftsanwendungen für die Umsetzung integrierter Geschäftsprozesse leisten, nur als befriedigend und schlechter. "Unsere Unternehmenssoftware ist übersteif und überhaupt nicht flexibel", wird ein anderer Umfrageteilnehmer zitiert. "Anpassungen an das Tagesgeschäft erfolgen nur mit sehr vielen Verrenkungen."

Doch obwohl die Anwender offensichtlich noch etliche Hausaufgaben zu erledigen haben, sind sie offen für neue Techniken. Beispielsweise hat die PAC-Umfrage ergeben, dass viele Unternehmen Collaboration als sinnvolle Ergänzung ihrer Unternehmenssoftware betrachten, um die Effizienz ihrer Prozesse zu steigern und die Produktivität der Mitarbeiter zu erhöhen. Außerdem plant das Gros der Anwender, in die mobile Nutzung ihrer Business-Anwendungen zu investieren.