ERP-Upgrades fordern strategische Vorbereitung

19.12.2002
Von Christian Zillich

Neben Problemen, den Wechsel auf eine neue Version unter finanziellen Gesichtspunkten zu rechtfertigen, gibt es eine Reihe von technischen Faktoren, die den harmlos klingenden Begriff Upgrade als blanken Euphemismus erscheinen lassen. Als ein Hauptproblem entpuppt sich häufig die Pflege von Schnittstellen, insbesondere wenn darüber Applikationen von Drittanbietern eingebunden sind. Als weiterer RoI-Killer gilt die Übernahme von individuellen Anpassungen, mit deren Hilfe die Standardsoftware auf die speziellen Erfordernisse des Unternehmens zugeschnitten wurde. Dies rächt sich umso mehr, je weiter dabei vom Standard abgewichen wurde, vor allem wenn für die Funktionserweiterungen Änderungen im Code des ERP-Systems notwendig waren.

Wechsel auf Internet-Architekturen

Mittlerweile haben fast alle ERP-Anbieter ihre Lösungen zumindest teilweise von Client-Server- auf Internet-Architektur umgestellt. Dies bringt für Anwender zwar eine Reihe von Vorteilen mit sich, verlangt aber beim Umstieg Anstrengungen, die das Maß früherer Upgrades übersteigen. Größere Umbauten der Infrastruktur können beispielsweise mit erheblichen Mehrausgaben für Server, Netzkomponenten und Desktops verbunden sein. So erfordert laut Gartner schon der Wechsel von SAP R/3, Version 3, auf Release 4 eine um 87 Prozent erhöhte CPU-Geschwindigkeit, 72 Prozent mehr Speicheraufwand und 33 Prozent mehr Festplattenkapazität in den Rechnern der Endanwender.

Zu diesen technischen Aspekten kommt die finanzielle Frage. Für einen technisches Upgrade, also die Einführung einer neueren ERP-Version mit dem Ziel, lediglich die vorhandene Funktionalität zu übernehmen, geht Gartner von Kosten in Höhe von fünf bis 15 Prozent einer Neuimplementierung aus. Derartige Projekte ohne nennenswerten Zusatznutzen lassen sich in den Unternehmensvorständen zu Recht schlecht vermitteln. AMR Research kam bei einer Befragung von rund 110 Unternehmen, die gerade ein ERP-Upgrade abgeschlossen hatten, zu dem Ergebnis, dass 21 Prozent der IT-Verantwortlichen den Wechsel intern mit dem Ende der Wartungsfristen begründet hatten. Diese Argumentation zeugt allerdings weniger von guter Planung als vielmehr von purer Verzweiflung.

CIOs, die das Thema rechtzeitig und strategisch angehen, können dagegen auch Gründe ins Feld führen, warum sich mit einem Upgrade zum Teil erhebliche Mehrwerte erzielen lassen. Das Migrationsprojekt kann beispielsweise genutzt werden, um verteilte Instanzen zu konsolidieren. Das erhöht unter anderem die Möglichkeiten, den technischen Support zu zentralisieren.

Ähnliches gilt für die Ablösung von Legacy-Systemen. Deren manchmal kostspielige Wartung sowie die aufwändige Pflege entsprechender Schnittstellen kann entfallen, wenn sich die Funktionen in die neue Standardlösung übernehmen lassen. Ferner bieten neue Releases in der Regel viele zusätzliche Funktionen, wodurch sich eventuell Geschäftsprozesse verbessern lassen.