Nichts als Lippenbekenntnisse?

ERP-Markt: Groß lockt Klein

07.03.2003
Von von Stefan

Dass dem nicht so ist, zeigt das traurige Beispiel von Baan, einem ehemals prominenten Anbieter, der in fertigungsnahen Betrieben dieses Mittelstandssegments groß geworden ist. Noch heute verzeichnet die Deutsche Baan User Group unter ihren 220 Mitgliedern eine ge-häufte Installationszahl zwischen 40 und 50 ERP-Arbeitsplätzen pro Unternehmen. Doch die Anwender haben ein Problem. Sie setzen zum großen Teil mit „Baan IV“ immer noch ein Produkt ein, das sich zwar sehr gut konfigurieren und parametrisieren lässt und darüber hinaus über eine ganze Reihe von Referenzmodellen für verschiedene Industriezweige verfügt - aber ein Auslaufmodell ist. Der Hersteller hat die inhaltliche Entwicklung des Systems eingestellt und den Support beziehungsweise den Nachtrag von gesetzlichen Änderungen im Finanz- und Personalmodul bis 2008 begrenzt. Das Nachfolgeprodukt „I-Baan ERP“ wurde konzipiert, um besser in der R/3-Liga SAPs mitmischen zu

können. Unter dem Begriff Multisite-Fähigkeit unterstützt es zum Beispiel rechtlich mandantenübergreifende Geschäftsprozesse: Ein in der Praxis häufig anzutreffendes Beispiel dafür sind produzierende Unternehmen, die für ihre verschiedenen Fertigungslinien rechtlich selbständige Betriebe mit eigener Bilanzierung gegründet haben. Hier geht es nicht nur um eine fiskalische Konsolidierung unter dem Dach des Mutterhauses, sondern insbesondere auch um logistische Prozesse, die über die Grenzen der einzelnen Unternehmenseinheiten hinausreichen.

Für einen großen Teil der angestammten Baan-Klientel ist so viel ERP-Funktionalität überdimensioniert. Jetzt steht der Hersteller vor dem Problem, einerseits als Mittelstands-partner zu gelten, andererseits eine Software anzubieten, die sinnvoll erst im gehobenen Segment ab 100 und mehr ERP-Arbeitsplätzen eingesetzt wird. Manfred Bernhart, stellvertreten-der Vorsitzender der Deutschen Baan User Group und als IT-Chef der Wittur AG selbst Baan-IV-Anwender, verzeichnet zwar reges Interesse der Anwender an den Migrations-Workshops, in der Praxis erfolgt jedoch nur selten ein Wechsel.

Nicht nur Baan hat in dem hier angesprochenen Mittelstandssegment ein hausgemachtes Problem. Geht es um 20 bis etwa 70 ERP-Arbeitsplätzen, klafft offensichtlich auch bei SAP eine Produktlücke. Seit Jahren versuchen die Walldorfer mit ihrer inzwischen als „All-in-One“ bezeichneten Software im Mittelstand Fuß zu fassen. Es handelt sich um ein vorkonfiguriertes R/3-Paket, das von Partnern mit Brancheneinstellungen und -ergänzungen versehen wurde, so dass sich der Aufwand für das Customizing in engen Grenzen hält.

SAP meist ab 100 Benutzern