Nichts als Lippenbekenntnisse?

ERP-Markt: Groß lockt Klein

07.03.2003
Von von Stefan
Im Neugeschäft mit Enterprise-Resource-Planning-Software ist der Mittelstand ein Hoffnungsträger für große internationale Anbieter. Mit Out-of-the-Box-Lösungen und dem Versprechen kurzer Implementierungszeiten zu Fixpreisen wollen die IT-Spezialisten das rückläufige Lizenzgeschäft ankur-beln. Doch bei genauerer Betrachtung sind viele Produkte überdimensioniert.

Der ERP-Markt ist nicht ausgereizt. Der Mittelstand entwickelt nur langsam ein Bewusstsein für die Tragweite prozessübergreifender IT-Unterstützung. Das bestätigt Claus Oetter vom VDMA, der Interessenvertretung der deutschen Investitionsgüterindustrie: „Wir registrieren viele Anfragen dieser Firmen zum Thema Konsolidierung von Softwareinseln, und zwar sowohl im Bereich der Produktentwicklung als auch in Bezug auf die betriebswirtschaftlichen operativen Geschäftspro-zesse.“ Die Einführung von ERP-Standardsoftware wird den Marktforschern zufolge noch bis zum Jahr 2005 zu den dominierenden IT-Themen gehören. Nach wie vor gibt es in vielen mittel-ständischen Betrieben tief greifend individualisierte Altsysteme, die in absehbarer Zeit ausrangiert werden sollen.

Doch selten waren die Zeiten für mittelständische Softwarehäuser so schwer wie heute - vor allem der Abgang namhafter ERP-Anbieter wie Brain und Bäurer erschütterte im vergangenen Jahr das Vertrauen der Anwender. Führten doch gerade diese Hersteller ihren langjährigen Erfolg darauf zurück, dass man die Prozesse der Klientel genau kennt und aufgrund einer „gemeinsamen Sprache“ die Bedürfnisse der Anwender besser befriedigt, als es die Konkurrenz der großen Anbieter kann. Die Wellenlänge stimmte, und das war vielfach ausschlaggebend für die Systemauswahl.

Natürlich gibt es noch immer ein weites Spektrum erfolgreicher Anbieter in diesem Segment: IFS, Intentia, Proalpha oder Soft M sind nur einige Beispiele dafür. Dennoch haben die Pleiten der jüngsten Zeit bei vielen Anwendern neben der Frage nach Systemfunktionalität einen weiteren Aspekt in den Vordergrund gerückt: Wie stabil ist die wirtschaftliche Situation eines ERP-Herstellers? Schließlich geht es um unternehmenskritische Applikationen, für die man auch noch nach Jahren eine zuverlässige Produktpflege und -wartung wünscht.

Gefragt ist Zukunftssicherheit

Genau an diesem Punkt kommen die Großen der Branche ins Spiel. Mit ihnen bringt man schon eher den Begriff „Zukunftssicherheit“ in Verbindung und nimmt dabei unter Umständen auch in Kauf, dass ERP-Anbieter wie SAP, Oracle oder Peoplesoft selbst kaum ihre Fühler in die Prozesse kleinerer Betriebe gesteckt haben und es deshalb auch fraglich ist, ob die Pakete den Anforderungen dieser Betriebsgrößen entsprechen. Es geht um Firmen mit bis zu 500 Angestellten, deren ERP-Durchdringung etwa von 20 bis 150 Arbeitsplätzen reicht. Glaubt man den Marketing-Aussagen der großen Softwarehäuser, dann müssten sich ihre Produkte auch für diese Klientel eignen.