Mittelstandsfinanzierung im Umbruch

Emanzipation vom Bankkredit

12.06.2003
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Kaum etwas bewegt Mittelständler derzeit so sehr wie die Frage, woher sie Geld für Investitionsvorhaben nehmen sollen. Angesichts der Basel-II-Reform sowie der eigenen Branchenkrise halten sich die Banken mit der Unterstützung vornehm zurück. Doch es gibt Alternativen im Markt.

DIE DEUTSCHEN BANKEN haben es in diesenMonaten wahrlich nicht leicht: Verluste, Massenentlassungen und plötzliche strategische Kehrtwenden prägen das Bild einer Branche, die einst zu den „sicheren Häfen“ in einem dynamischen Wirtschaftsumfeld zählte. Zudem werfen (Ex-)Kunden den Geldhäusern seit geraumer Zeit vor, sie lassen den heimischen Mittelstand ausbluten - Kredite würden nur noch für Firmen bewilligt, die eigentlich überhaupt kein Fremdkapital benötigen.

Die restriktive Kreditvergabe an bedürftige Unternehmen ist indes nicht nur böser Wille - viele der Geldinstitute stehen selbst mit dem Rücken zur Wand. Deutschland gilt als „overbanked“, das teuer erkaufte Investmentbanking und die Projektfinanzierung liegen am Boden, strategische Expansionen erwiesen sich als Flop, und 38 000 Unternehmensinsolvenzen haben im vergangenen Jahr die Verluste anschwellen lassen. Folglich müssen die Finanzdienstleister ihre Produkte „risikobewusster bepreisen“, wie es im Bankendeutsch heißt.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland bislang kaum Erfahrungen mit Alternativen zum herkömmlichen Darlehen der Hausbank gemacht haben. Nach Informationen der Nürnberger Mittelstandsberatung Rödl & Partner werden in Europa bislang etwa 60 Prozent der Kapitalmarktfinanzierung über Bankkredite abgewickelt, der Rest über Anleihen. Allerdings finden sich am Markt kaum Anleihen unter 50 Millionen Euro, was für die meistenMittelständler eindeutig zu viel ist. Ebenso wie ein Börsengang fällt diese Finanzierungsoption daher in der Regel aus.

Jedoch besteht kein Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen. So hat etwa die Gilde der Beteiligungsgesellschaften und Wagniskapitalgeber die ZielgruppeMittelstand neu für sich entdeckt. Der Grund ist, dass Startups, die teilweise noch in der Brainstorming- Phase stecken, von Investoren angesichts der schlechten Erfahrungen der letzten Jahre nicht mehr wahrgenommen werden. Betriebe, die jedoch nachweisen können, dass sich der Markt für ihre Angebote interessiert, haben hier Chancen: Nach einer Schätzung des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) werden heimische Venture-Capital-Fonds dieses Jahr rund 80 Prozent ihrer Investitionen in die mittelständische Wirtschaft fließen lassen.

Teures Kapital