E-Procurement: Ende der Experimentierphase

12.06.2002
Von Christian Zillich

Eröffnungsredner Hans-Jörg Bullinger, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), Stuttgart, untermauerte den positiven E-Procurement-Trend mit Zahlenmaterial von IDC: Demnach nutzten im vergangenen Jahr 38 Prozent der europäischen Einkaufs-Manager das Internet für die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen, weitere 36 Prozent planen das erstmals in diesem Jahr. Unter dem Strich beschaffen somit rund drei Viertel der Einkäufer Waren zumindest teilweise online. Die Marktforscher von Forrester Research gehen davon aus, dass bis 2005 ein Drittel der zwischenbetrieblichen Umsätze via Internet abgewickelt werden. Die Top-100-Unternehmen in Europa investieren dafür im Schnitt rund elf Millionen Euro, so die Prognose.

Laut Bullinger ist die Zeit des Experimentierens weitgehend vorbei. Viele Unternehmen hätten ihre ersten Erfahrungen bereits ausgewertet und würden sich nun auf die für sie wirklich wichtigen Vorhaben konzentrieren. Als Hemmschuh habe sich während der ersten Phase der E-Procurement-Nutzung die Qualität der elektronischen Produktdaten erwiesen. Entweder sei sie nicht ausreichend oder der Aufwand für die Datenpflege zu hoch gewesen. Insbesondere Lieferanten hätten deshalb mit Herausforderungen zu kämpfen, die noch keine Rolle spielten, als Papieraufträge und -rechnungen die wesentlichen Schnittstellen zum Kunden darstellten.

Die Nachfrageseite bestimmt, so Bullinger weiter, in vielen Fällen die Anforderung an die Daten und deren Integration und dadurch häufig auch die Abläufe bei den Anbietern. Je nach Wunsch des Einkäufers müsse die Auftragsabwicklung beispielsweise mit oder ohne Auftragsbestätigung, per Einzelrechnung, Sammelrechnung oder Gutschrift, mit dem eigenen oder einem vom Kunden vorgegebenen Logistikdienstleister erfolgen. „Nun gilt es, die internen Prozesse so modular und flexibel aufzubauen, dass die Prozessanforderungen der Kunden erfüllt werden können“, resümierte Bullinger.

Doch nicht immer hat der Kunde das Sagen: Unternehmen mit zu geringem Einkaufsvolumen können nicht damit rechnen, von ihren Zulieferern mit maßgeschneiderten Katalogen versorgt zu werden. So geschehen bei der Schering AG, Berlin: „Wir sind nicht groß genug, damit sich Lieferanten nach unseren Standards richten“, beschreibt Astrid Borgmann, Leiterin Corporate Purchasing und E-Procurement bei Schering, die Ausgangssituation. Der Pharmaspezialist hat sich deshalb für die Teilnahme an dem Marktplatz CC-Chemplorer entschieden. Zumindest was die Integration seiner Backend-Systeme angeht, muss er sich nur mit der Schnittstelle zum Marktplatz auseinander setzen.

Deutliche Fortschritte beobachtet Bullinger auf dem Gebiet der Standardisierung. Hier lobte er insbesondere die Bemühungen des BME, der mit „BMEcat“, „E-Class“ und „Opentrans“ drei erfolgversprechende Initiativen gestartet hat. Beim Austausch von elektronischen Produktdaten habe sich in Deutschland BMEcat bereits durchgesetzt: „Mehr als 80 Prozent der Kataloge werden heute nach diesem Standard erstellt.“ Aber auch im internationalen Umfeld verbreite sich das Format zunehmend. Prominentes Beispiel ist der Automobilmarktplatz Covisint.

Standardisierung macht Fortschritte